Am Siegen gehindert: Die Warenhäuser hätten eine Zukunft!
Es ist mal wieder soweit: Galeria hat einen neuen Eigentümer und es ist uns zu müßig, die bisherigen nochmal durchzuzählen. Jetzt kommt auch die Sternstunde der Expert:innen, die immer wieder betonen, dass das Konzept eh nicht gefragt ist. Stimmt das?
Its all about People
1998 hatte ich einen Kollegen, der als Substitut bei Karstadt arbeitete und uns ständig mit Personalkaufkarten zum Monatsende versorgte, damit die Zahlen hoch kommen. Damals schon war dieses Warenhaus in der Krise. Kurze Zeit später gehörte ich zu dem Konzern, dem auch der Kaufhof angehörte. Ich habe viele Projekte mit den Menschen dort durchgeführt und festgestellt, dass dieses Unternehmen mit seiner ausgezeichneten Unternehmensphilosophie erstklassige Fachleute beschäftigt hat. Anfang der Nuller Jahre kam dann die Diskussion auf, das Kaufhof Karstadt übernimmt und damit die Deutsche Warenhaus AG gründet. Daraus wurde erst mal nichts, sonder man musste bis 2018 warten.
Was aber immer sichtbar war sind die engagierten und kompetenten Mitarbeiter:innen, die dort gewirkt haben. Diese Entwicklung, um es mal vorsichtig zu sagen, haben sie nicht verdient. Was dann kam war ein Trauerspiel, wir verweisen gern auf einem gut recherchierten Artikel des Manager Magazins über den Niedergang und ersparen uns das Flashback.
Kaputtgespart und leergesaugt bis zum Niedergang
Was lernt der BWLér im ersten Semester? Investieren sichert Zukunft und entwickelt ein Unternehmen weiter. Genau das ist nicht passiert, die Warenhäuser behielten den Muff der 90er Jahre. Hohe Mietzahlungen durch den Verkauf der Immobilien belasteten das Ergebnis über Gebühr, die Belegschaft hat auf Gehalt verzichtet und die Gläubiger sind oft leer ausgegangen. Das Konzept konnte nie wieder auf die Beine kommen, da es dafür nie die erforderlichen Investitionen gab.
Jetzt brechen wir eine Lanze für das Warenhaus
Wer jetzt sagt, dass Warenhauskonzepte tot sind, kann gern eines besseren belehrt werden: Natürlich gibt es erfolgreiche Formate , die wir immer wieder in unseren Store Checks besuchen. Hier ein paar Beispiele:
- El Corte Ingles (Spanien) konnte nach eigenen Angaben im Jahr 2022 den höchsten Gewinn in seiner Unternehmensgeschichte verzeichnen. Mit einem Rekordgewinn von über 870 Millionen Euro erzielte das Unternehmen mehr als das Siebenfache des Nettogewinns von 2021. Scheint also zu gehen.
- Takashimaya (Japan) ist der größte Händler in dem Land, der Gewinn stieg 2023 um 10,6% auf 14,96 Milliarden Yen, verglichen mit 13,52 Milliarden Yen vor einem Jahr. Das Sortiment ist hauptsächlich im Luxusbereich angesiedelt.
- David Jones ist Australiens ältestes und renommiertestes Warenhaus. Mit seinen Flagship-Stores in Sydney und Melbourne ist David Jones eine Oase für Luxusmode, Kosmetik und Haushaltswaren. Das Kaufhaus hat einen historischen Charme. David Jones bietet eine gigantische Auswahl an internationalen und australischen Designermarken.
Ach ja, und da gibt es auch noch einzelne Häuser wie Bergdorf Goodman, Harrods oder Liberty, die alle für sich einen Weg in die Zukunft gefunden haben. was aber alle genannten Formate gemeinsam haben: Sie haben kein beliebiges Sortiment und sprechen damit eine bestimmte Kundschaft an. Die findet man natürlich nicht in einem durchschnittlichen Mittelzentrum, sondern man muss sich auf wenige Standorte konzentrieren. Das 1×1 des Retails kommt hier wieder zum Einsatz: Zielgruppenbestimmung, Sortimentsauswahl, Lage.
Dafür braucht man aber eines: Geld, um in die Zukunft zu investieren. Das war aber nicht nicht da, sondern das haben sich andere genommen. Sehr schade, denn es gibt mehrere Verlierer in dem Spiel: Die Beschäftigten, die Innenstädte und der Steuerzahler.
Schlampig wie immer:
„Die Warenhäuser hätte eine Zukunft!“
“ BWLér“
Und inhaltlich, naja, nur weil z.B. ein „El Corte Ingles“ „nach eigenen Angaben“ gut funktioniert, ist die Galeria-Karstadt-Kaufhof-oder-wie-auch-immer-Bude seit zig Jahren ein Sammelbecken einsamer, trauriger Nicht-Käufer die auf einen Haufen unqualifizierter, unmotivierter, Zeit-absitzender Nicht-Verkäufer trifft. Und das Ganze findet statt in der miefigsten Hütte jeder Stadt, wo wir den Platz doch für soviel anderes nutzen könnten. Und die sogenannten „Investoren“ und „Retter“ der deutschen Kaufhaus-Kultur sind doch für den Dümmsten offensichtlich nichts anderes als Millionäre, die die Buden für einen Euro kaufen, 100 Euro investieren und sich dann nach ein paar Jahren mit dem Ruf „der Staat muss die vielen Arbeitsplätze retten“ vom Steuerzahler sanieren lassen. Wirklich niemand braucht diese deutschen Kaufhäuser.