Das Metaverse ist tot. Lang lebe die Blockchain!
Metaverse ist in aller Munde. Die Wahrheit ist: Das Metaverse ist nur die Oberfläche dessen, was wirklich revolutionär sein wird. Und das ist die Blockchain.
Das Metaverse existiert noch nicht. Wenn es aber irgendwann da ist, werden wir als Nutzer:innen eine Identität haben, mit der wir uns zwischen den verschiedenen Anwendungen bewegen. Browser oder App öffnen, Nutzernamen und Passwort eingeben – all das wird der Vergangenheit angehören. Die Oberfläche wird ein Avatar sein, die Technologie hinter dieser kongruenten Identität wird die Blockchain sein. Mit meiner digitalen Identität verknüpft wird außerdem meine Wallet sein – mein Geldbeutel mit dem ich im Metaverse einkaufe. Die Blockchain-Technologie wird wie der Kleber des Metaverse sein – sie verbindet die verschiedenen Anwendungen miteinander.
Wie Technologien Gesellschaften verändern
Während der industriellen Revolution übernahmen Maschinen immer mehr die Aufgaben, die vorher von Menschen gemacht wurden. Die Folgen waren nicht nur im technischen Bereich oder für produzierende Unternehmen relevant: auch sozial und gesellschaftlich veränderte sich die Welt. Landflucht, Entstehung der Arbeiterklasse, Ausbeutung von Arbeitern und Migration sind nur einige dieser sozialen Auswirkungen. Auch die digitale Revolution und die Verbreitung des Internets haben solche sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen. Dass Wissen überall und jederzeit abrufbar ist, verändert Hierarchien, Denkmuster und auch Geschäftsmodelle von Unternehmen. Social Media verändert die Art und Weise, wie wir uns verhalten, was wir uns wünschen, wie wir sein möchten. Ähnlich weitreichende Veränderungen wird die Blockchain-Technologie mit sich bringen.
Die Blockchain-Technologie disruptiert die Welt, wie wir sie kennen.
Was ist die Blockchain? Kurz zusammengefasst: Es handelt sich um eine Art der Datenspeicherung. Die Daten sind auf verschiedenen Servern weltweit gespeichert, was sie vor Fälschung schützt. Das geschieht, indem verschiedene Datenblöcke aneinander gehangen werden, daher der Begriff Blockchain. Eine zentrale Institution, die meine Daten verwaltet und der ich vertrauen muss, fällt weg. Eine Hiobsbotschaft für große Unternehmen, die die Daten von vielen Menschen verwalten und von ihrer Monetarisierung leben.
Stellen Sie sich vor, Sie speichern ihre Gesundheitsdaten auf der Blockchain: wie viel sie laufen, wo Sie waren, was Sie wo gegessen haben, auf wievielen Partys sie in diesem Jahr waren und wie oft Sie krank oder beim Arzt waren. All diese Daten werden in einem Dashboard in einer Anwendung dargestellt – sicher verwahrt auf einer Blockchain. Die Daten gehören Ihnen. Niemand kann darauf zugreifen, außer Sie geben sie frei. Mit diesen Daten können Sie dann Geld verdienen oder andere Vorteile erhalten. Es gibt bereits einige Start-Ups, die auf diese Art und Weise funktionieren. Viele Expert:innen sehen so die Zukunft des Internets: wir konsumieren nicht mehr nur und können Inhalte teilen. Wir beginnen das Internet mit-zu-besitzen.
Anwendungsfälle
Im Banken- und Finanzwesen wird die Blockchain-Technologie schon seit vielen Jahren genutzt. Das bekannteste Beispiel ist natürlich der Bitcoin. Transaktionen werden sicher, transparent, schnell und günstiger, da eine zentrale Verwaltung wegfällt. Und ja, das kann das Ende des Bankenwesens bedeutet, wie wir es heute kennen.
Ende 2021 kam ein besonderer Hype auf: Non-Fungible-Token (NFT) eroberten die Kunstwelt. NFT sind einmalige, digitale Dateien, deren Eigentumsverhältnis auf der Blockchain festgeschrieben ist. Das kann ein Bild sein, ein Song, ein Video oder etwas anderes.
Viele Kritiker:innen entgegnen, dass eine digitale Datei doch gar keinen echten Wert darstelle. Rechnen Kunstliebhaber:innen den Materialwert einer Skulptur aus? Mitnichten. Der Wert von Kunst geht über den reinen Materialwert hinaus, aus dem es besteht. Weil Menschen damit etwas verbinden – Eine Interpretation, eine Konnotation, eine Erinnerung oder auch eine Spekulation über deren Wertsteigerung. Warum soll das nicht auch mit digitalen Kunstwerken funktionieren? Der Handel mit Kunst war immer und bleibt auch mit NFTs spekulativ. Wer eine sichere Wertanlage sucht, wird in der Kunstwelt nicht unbedingt fündig.
Community, Community, Community!
Ein NFT kann auch als Eintrittskarte in eine Gemeinschaft dienen. Damit experimentieren derzeit viele Marken, Künstler und auch Händler.
Ein Beispiel? Der mittelständische Verkleidungshändler Deiters startete Mitte 2022 ein NFT-Community-Projekt. Das Ziel: Erreichen neuer Zielgruppen und der Aufbau einer Fan-Community. Und das geht so: ich kaufe ein Deiters-NFT und bin damit Mitglied der Deiters-Community. Die organisiert sich auf einer Plattform, wo sie sich rege austauscht. Als Mitglied bekommt man außerdem regelmäßig Pakete mit Partybedarf nach Hause, Rabatte und kann an exklusiven Verlosungen teilnehmen, etwa für eine Box auf dem Oktoberfest.
Das Projekt stellt sich als äußerst erfolgreich heraus: hohe Conversion Rate unter den Community Mitgliedern, schnelles und aktives Feedback etwa zu Sortimentsfragen. Außerdem ist ein Fuß in der Tür zu völlig neuen Zielgruppen. Hier berichtet die Projektleiterin Corinna Dahlhaus im Podcast.
Wer echtes Geld dafür bezahlt, einer Community anzugehören, der fühlt sich verbunden mit der Marke. Außerdem hat die- oder derjenige Interesse daran, dass der Wert des NFT steigt, denn so kann man ihn teurer wieder verkaufen. In der Folge möchten die Community-Mitglieder, dass sich die Marke gut entwickelt: sie gestalten aktiv mit.
Wo ist mein Token und wieviele Mitbestimmungsrechte habe ich?
In der Krypto-Bubble (so nennt man diejenigen, die sich mit Blockchain-Produkten beschäftigen) sorgen derzeit DAOs für Aufsehen. Eine DAO ist eine Dezentrale Autonome Organisation. Die Mitglieder verwalten ihre Vorhaben ohne Zentrale und ohne Führungskräfte. Jede:r hat einen Token, also einen auf der Blockchain festgeschriebenen Anteil – diese Token können mehr oder weniger Mitbestimmungsrechte bedeuten. Mithilfe von Smart Contracts, also wenn-dann-Algorithmen werden Entscheidungen getroffen und z.B. Auszahlungen veranlasst. Die Organisation verwaltet sich völlig demokratisch selbst. Sollte sich diese Art von Organisation durchsetzen, müssen Arbeitgeber in Zukunft damit rechnen, dass neue Mitarbeitende die Frage stellen „wo ist mein Token und wieviel Governance habe ich?“ – also wieviele Mitbestimmungsrechte.
Technologie verändert soziale Gefüge und Gesellschaft. Dass junge Mitarbeitende mitgestalten und mitentscheiden möchten, ist schon länger ein Trend. Dieser könnte sich mit der Blockchain-Technologie noch verschärfen. Darauf müssen sich Unternehmen einstellen!
Und jetzt?
Den Innovationszyklus betreffend befinden wir uns noch ganz am Anfang der Blockchain-Anwendungen. Es geht darum, auszuprobieren und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Wer sofort an Return on Invest und Umsatzzahlen denkt, hat den Prozess von Innovation nicht verstanden. Also: Innovation first, Monetarisieren second!
Deshalb rate ich allen Unternehmen sich mit dem Thema Blockchain auseinander zu setzen und die Technologie für das eigene Geschäftsmodell zu bewerten. Dabei unterstütze ich gerne – schreiben Sie mir ihre Gedanken dazu. Ich freue mich auch immer über spannende Anwendungsfälle.
Über die Autorin
Raus aus der Komfortzone – rein in die Zukunft! Das ruft Marilyn Repp den Unternehmen der Handelsbranche zu. Sie ist als Speakerin und Autorin eine gefragte Handelsexpertin und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Digitalisierung, Innovationen und Trends im Handel. Beim Handelsverband Deutschland leitet sie als stellvertretende Geschäftsführerin das Mittelstand-Digital Zentrum Handel – die Anlaufstelle für Digitalisierung für mittelständische Händler:innen. In ihrem Podcast „Zukunft des Einkaufens“ ordnet und übersetzt sie die neuesten Technologie-Trends für die Branche, zuletzt vor allem Metaverse und Web3-Themen.
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