ZDE Podcast 212: Communitymarketing mit den Schwesterherzen
Wie kann man der Kundschaft neue Erlebnisse bieten? Die Schwesterherzen zeigen, wie man mit neuen Ideen die Kundschaft für sein Format begeistern kann.
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Shownotes:
Unsere Gesprächspartnerin ist Gaby Flatinger
Die Folge zum Nachlesen
Intro: Zukunft des Einkaufens – Der Podcast für Innovation im Handel
Frank Rehme: Ja, und da sind wir wieder mit einer neuen Folge unseres Retail Innovation Radios. Heute zu einem ganz, ganz besonderen Thema, denn wir wollen ja immer mal schauen, was gibt es Innovatives im inhabergeführten Mittelstand? Das ist ja so auch sehr stark eine unserer Zielgruppen. Und ich habe 2017 ein Format entdeckt, wo ich gesagt habe: Das ist wirklich hoch innovativ. Nämlich: Das Kleiderzimmer. Da habe ich auch auf Zukunft des Einkaufens hier schon mal einen Artikel darüber geschrieben damals und ich habe dieses eine ganze Zeit mitbeobachtet auch und jetzt die letzten zwei Jahre so ein bisschen aus den Augen verloren und ich wollte einfach mal wissen: Wie nachhaltig ist dieses Konzept? Und habe einfach mal nachgefragt und habe die Gaby Flatinger angerufen, die eine von den drei „Schwesterherzen“ und die habe ich jetzt hier am Mikrofon. Hallo Gaby, grüß’ dich.
Gaby Flatinger: Hallo Frank, vielen Dank für die Einladung.
Frank Rehme: Ja Gaby, für die, die dich noch nicht kennen, mal ein paar Sätze zu dir. Kannst du dich mal vorstellen?
Gaby Flatinger: Ja gerne. Also ich, Gaby Flatinger, bin jetzt Geschäftsführerin bei uns in der Vogt Modemarketing GmbH, so heißt die Firma nun jetzt schon seit 40 Jahren. Wir stecken mitten im Generationenübergang drin, also wir haben ein konkretes Datum, wann unsere Eltern in den Ruhestand gehen. Also sie sind schon weiter da, zum Glück auch viele andere und übernehmen werden das Geschäft wir drei Schwestern, das sind meine Schwester Sonja und die Schwester Linda noch zusammen und deswegen heißen auch alle unsere Filialen „Schwesterherzen“ und in unseren fünf stationären Textileinzelhandelsläden verkaufen wir einfach wunderschöne Damenmode und sind hier in der Region auch wirklich für unsere gute Beratung bekannt, weil meine Mitarbeiterinnen das einfach sehr, sehr gut können und das sind wir und wir machen seit 2017 das Konzept „Mein Kleiderzimmer“, das aus einer kleinen Laune heraus entstanden ist bei uns und sind damit nach wie vor immer noch sehr erfolgreich.
Frank Rehme: Ja, „Kleiderzimmer“ ist ja eine Geschichte, die ja eigentlich so mit Community-Shopping zu tun hat, man trifft sich bei so einem Mädelsabend einfach mal bei euch und shoppt dann so wie wir das ja eigentlich auch von Tupper Parties und anderen Sachen her kennen.
Gaby Flatinger: Tupper Parties!
Frank Rehme: Gibt es die noch? Keine Ahnung.
Gaby Flatinger: Die gibt es nicht mehr. Nein.
Frank Rehme: Nee, die gibt es nicht mehr. Aber heutzutage macht man ja so Dessous-Parties und solche Sachen alle.
Gaby Flatinger: Genau.
Frank Rehme: Und da ihr ja euer Sortiment nicht mitbringen können, habt ihr gesagt: Leute kommt zu uns.
Gaby Flatinger: Genau.
Frank Rehme: Wie kann ich mir das vorstellen?
Gaby Flatinger: Also die Idee, die wir hatten, war, dass wir dieses Thema Personal Shopping, Private Shopping, Shopping nach Ladenschluss immer schon persönlich sehr interessant fanden und das gibt es ja auch in großen Modehäusern gibt es ja diese Konzepte schon sehr lange, die sind allerdings immer auch mit einem sehr hohen Mindestumsatz verbunden für die Kundinnen und das ist auch so eine gewisse Hemmschwelle, diese Leistung dann auch in Anspruch zu nehmen. Und wir haben einfach überlegt: Wie können wir für unsere Kundinnen ein Konzept schaffen, das für alle machbar ist? Das zu unserer Kundin passt? Und im „Kleiderzimmer“ ist es so, dass wir die Kundin komplett digital abholen, also sprich, sie bucht ihren Termin komplett online, sie sucht sich ihr Paket, das sie haben möchte, ob sie denn Getränke haben möchte oder ob sie auch mit Snacks und Häppchen haben möchte, bucht sie komplett online und wir holen sie dann zu uns stationär in den Laden. Und das ist das, was wir dann anbieten, einfach dieses Private-Shopping-Erlebnis, wie gesagt auch nach Ladenschluss möglich oder während der Öffnungszeiten in unseren wunderschönen „Kleiderzimmern“, die eingerichtet sind wie einfach wunder, wunderschöne Wohnzimmer, alles ein bisschen mehr rosa, ein bisschen mehr pink, wie das für Mädchen halt passend ist und da kommt sie dann mit ihren Freundinnen zusammen zum Shoppen. Und dieses Erlebnis wollten wir einfach auch für ganz viele Menschen möglich machen, weshalb es bei uns keinen Mindestumsatz gibt für die Kundin, wir berechnen das Paket, das die Kundin möchte, ganz klar von uns aus, wir verdienen damit kein Geld, es geht einfach darum, es muss was kosten, damit es einen Wert hat und dann laden wir die Kundin ein, unser ganzes Sortiment kennenzulernen und die Mädels haben einfach einen wunderschönen Abend bei uns, denn es ist auch klar: Wenn fünf Freundinnen, das haben wir in der Regel an Personen da, es schaffen, einen Termin zu buchen, gemeinsam, dann ist es völlig egal, wie das Wetter ist, dann ist es völlig egal, ob Verkehr draußen ist, dann fährt man halt früher los, dann kommen die zu diesem Termin und haben riesen Spaß, weil sie gehen gemeinsam shoppen, was sie oft und lange nicht mehr machen konnten und dieses Konzept fahren wir jetzt, wie gesagt, seit 2017 und sind damit immer noch voll am Start und haben riesen Spaß dabei.
Frank Rehme: Ja, das hört sich ja sehr stark so auch nach dem Thema Curated Shopping an. Ist denn überhaupt schon mal, ich sag mal, eure Expertise gefragt, auch mal einen Tipp zu geben, was denn zusammenpasst oder so? Oder machen das die Mädels untereinander aus?
Gaby Flatinger: Also, ich sag mal so, wir haben Gruppen, die machen das sehr viel untereinander aus, aber es sind quasi, ja, vielleicht zehn Prozent der Termine, die brauchen uns nicht, aber in allen anderen Terminen spielen wir diese Stärke, die wir in der Beratung haben und im Sortiment haben, voll aus. Das heißt, die Kundin, die kommt, die verlässt natürlich „das Kleiderzimmer“, aber sie ist voll, wir haben sofort den Einstiegspunkt für unsere Beratung. Es gibt keinen, wenn ein Kunde normal in ein Ladengeschäft kommt, dann schaut die Kundin sich erst mal um, die Frage ist, wie spreche ich die Kundin an, an der Kabine findet dann Interaktion statt und so weiter, aber der Prozess, bis man mit der Kundin tief im Gespräch ist, der geht relativ lange. Im „Kleiderzimmer“ geht das unfassbar schnell, weil wir müssen ja gar nicht groß anfangen mit Rumgeplänkel, sondern wir wissen ja, warum wir da sind. Aber ich glaube, ich erzähle dir mal noch ganz kurz, wie denn so ein Abend im „Kleiderzimmer“ abläuft, dass man sich das einfach ein bisschen besser vorstellen kann, von was ich da rede.
Frank Rehme: Ja, unsere Hörerinnen und Hörer waren ja wahrscheinlich noch nie da gewesen oder haben auf der Webseite mal nachgeguckt, die werden wir übrigens in den Show Notes hier verlinken. Gabi, leg’ mal los.
Gaby Flatinger: Also, wie gesagt, fünf Freundinnen haben es geschafft, einen Termin gemeinsam zu buchen. Das heißt, die stehen zehn Minuten bevor ihr Termin losgeht, bei uns vor der Tür, kommen dann gemeinsam in den Laden rein und dann lassen wir die erstmal im „Kleiderzimmer“ ankommen. Das heißt, die kriegen erstmal alle ein Glas Sekt oder auch schon zwei, je nachdem, wie schnell die trinken wollen. Das heißt, wir lassen die ankommen, die können sich erst mal unterhalten, Jacken ablegen, die Gläser sind alle mit Namen beschriftet, dass jeder schon weiß, dass jeder sein Glas wieder findet, also so kleine Details, auf die wir da achten, damit man sich einfach wohlfühlt. Das Buffet ist aufgebaut, wenn sie denn mit Essen gebucht haben oder es gibt einen Snack-Wagen, der gut gefüllt ist mit so allen Dingen, die wir gerne mögen, aber halt in klein, weil wir dann mehr davon essen können. Der Kühlschrank ist gut gefüllt. Es ist einfach alles da, damit die sich rund um wohlfühlen können und dann lassen wir die erstmal eine Viertelstunde alleine. Wir gehen wieder raus, die haben ihren Sekt bekommen und dann lassen wir die alleine, dass die schnacken können, ankommen können und sich auch austauschen können, weil die haben sich in der Regel ja am Tag vorher noch nicht gesehen. So und dann müssen wir es ja irgendwie schaffen, die Kundin wieder rauszubekommen aus dem „Kleiderzimmer“ in den Laden und die Läden haben bei uns eine Größe zwischen 350 und 500 Quadratmetern, also da gibt es dann ein bisschen was zum Anschauen und dann machen wir eine kleine Warenpräsentation für diese Gruppe. Das heißt, wir richten vorher schon, nach Wunsch auch, wenn es Wünsche gibt, gehen wir auch darauf schon ein, wir richten eine kleine Warenpräsentation, um der Kundin den Kontakt zur Ware im ersten Moment zu erleichtern und zeigen: Was gibt es gerade neu im Trend? Was passt gut zusammen? Zeigen ein bisschen unser Marken-Portfolio und als nächstes kriegt dann jede eine Rollstange, wir haben extra kleine Rollstangen für diesen Event und dann gehen die mit den Rollstangen raus in den Laden und dann packen die die sich voll. Also es ist wirklich so, die Kundinnen gehen aus dem Kleiderzimmer raus, jede fährt ihre Rollstange neben sich her und dann laden die alles drauf, was die probieren möchten und wenn sie sich nicht sicher sind, dann zwei davon, weil dann kann man ja gleich die andere Größe mitnehmen. Das heißt, der erste Teil findet dann draußen im Laden statt, wie gesagt nach Ladenschluss oder auch während der Öffnungszeit, das spielt keine Rolle und dann gehen die Kundinnen mit ihren vollgeladenen Kleiderstangen zurück in’s „Kleiderzimmer“ und wichtig ist, auch während die sich umschauen und da unterwegs sind draußen im Laden, reden wir ganz viel mit denen. Also wir sind da ganz tief im Kontakt, lernen die Leute kennen: Um was geht es bei dir? Was machst du beruflich? Was ist für dich wichtig, wenn du Kleidung trägst? Also wir lernen wirklich die Kundin kennen, damit wir dann ihr Leben ein bisschen besser verstehen können, um sie dann daraufhin besser beraten zu können. Das ist das Ziel, was wir da haben. Und dann geht es in’s „Kleiderzimmer“ zurück und dann wird einfach anprobiert. Für alle Herren in der Zuhörerschaft: Nein, die Kabinen werden nicht benutzt, die Mädels machen das hier einfach so im Freien. Es ist eine ganz, ganz arge Wohlfühlatmosphäre für die Kundinnen. Das heißt, ich merke das daran, dass die gar nicht die Kabinen benutzen, sondern sich vor ihren Freundinnen einfach umziehen und es ist wirklich so ein ganz gemütliches, es ist wie zu Hause bei der Freundin im Wohnzimmer und dann wird ganz viel probiert und ganz viel, ja und unsere Beratung kommt hier natürlich voll zum Einsatz.
Frank Rehme: Jetzt beschreibe mal dieses „Kleiderzimmer“. Wie ist das eingerichtet? Wie kann ich mir das vorstellen? Wie groß ist das? Dass man da schon mal so ein Bild von bekommt?
Gaby Flatinger: Ja, also die Zimmer, die wir haben, die sind so um die 20 Quadratmeter groß, variiert ein bisschen je nach Filiale und dann haben wir da eine Tapete drin, die extra in unseren Farben, das sind so Rosa, Petrol, Hellblau, Malve, alles in so Pastelltönen gehalten, dann haben wir da eine wunderschöne Tapete drin, die extra für uns gedruckt wird, damit sie zum Bild, zum Raum passt. Wir haben einen ganz flauschigen hellgrauen Teppich am Start, der das Ganze ruhig macht. Dann haben wir Möbel auch in so Pastelltönen, Hellgrün, Rosa, Petrol wieder, dass es einfach alles schön zusammenpasst und gemütlich ist und dann natürlich Kühlschrank, Kaffeemaschine, was wir so brauchen und gemütliche Vorhänge, damit der Raum einfach sehr wohnlich ist und auch natürlich die Privatsphäre nach außen gewährleistet ist, falls wir Fenster haben im „Kleiderzimmer“. Wir haben Bilder an der Wand mit sinnvollen Sprüchen, wie: Es glitzert, es ist sinnlos, ich will es. Also auch solche Dinge, dass es einfach was zu entdecken gibt. Wir haben Kunstpflanzen, hochwertige, stehen, dass es schön aussieht, warmes Licht. Also einfach alles, damit sich Frau richtig, richtig wohlfühlen kann.
Frank Rehme: Ach, übrigens, wir teilen ja mit dir Einblicke, Trends und inspirierende Geschichten direkt aus der Welt des Einzelhandels. Und du kannst uns aber dabei unterstützen, diese Mission auch zukünftig fortzuführen. Und das Beste daran, du kannst uns helfen, ohne auch nur einen Cent auszugeben. Dazu erzähle einfach deinen Kolleginnen und Kollegen von uns, abonniere unseren Newsletter und wenn dir gefällt, was du hörst, bewerte uns in deinem Podcatcher mit fünf Sternen. Deine Stimme zählt und hilft uns enorm. Für diejenigen unter euch, die unsere Arbeit auch finanziell unterstützen möchten, bieten wir verschiedene Unterstützer-Pakete an, die teilweise schon bei einem Euro anfangen. Schon für sehr kleines Geld kannst du also dazu beitragen, unser Retail Innovation Radio am Laufen zu halten. Schau da auf unsere Webseite ins obere Menü bei „Unterstützer“. So, jetzt geht es aber weiter.
Ja, ich habe ja das Thema Curated Shopping schon total lange auf dem Schirm. Ich weiß nicht, ob du dich noch an so Dinge wie Outfittery oder Modomoto erinnerst?
Gaby Flatinger: Ja, ja.
Frank Rehme: Die im Internet damit ja ganz früh angefangen haben. Ich war damit, weil ich ja immer alles ausprobieren muss, um hier dann auf ZdE auch darüber zu berichten, habe ich das Ganze ausprobiert und fand es eigentlich recht gut, muss ich sagen. Fühlte mich da auch gut betreut, obwohl ich die Menschen, die mich da beraten, noch nie vorher gesehen habe. Allerdings habe ich dann festgestellt, dass auch hier P&C, also Peek & Cloppenburg, hier in Düsseldorf damit mal anfangen wollte. Die haben mich dann angeschrieben, weil ich hatte auch die Kundenkarte von denen, das sie jetzt Curated Shopping anbieten. Dann habe ich das natürlich auch sofort gebucht. Hatte einen ganz, ganz tollen Berater, ist direkt hier in dem Haus Düsseldorf dann auch in so abgetrenntem Bereich, auch mit einer schönen Couch und so gemacht worden. Und dann, nach vier Monaten habe ich gedacht: So jetzt buchst du mal noch einen. Wollte auch noch mal so einen Termin machen mit der Unternehmenskommunikation, weil die wollte ich auch mal in so ein Interview reinholen und dann haben die gesagt, die haben das Konzept schon wieder eingestellt, also nach ganz kurzer Zeit. So und da seid ihr ja jetzt mit euren sechs, sieben Jahren, in denen ihr schon unterwegs seid, mit einem ganz langen Durchhaltevermögen versehen, aber aufgrund der Zeit gehe ich mal davon aus, dass ihr das nicht als Zuschussgeschäft macht, sondern dass das mit einer der Säulen bei euch im Ertragsmodell ist, richtig?
Gaby Flatinger: Absolut richtig. Ich habe mal noch ein paar Zahlen mitgebracht, für die Zahlenmenschen unter uns. Und zwar bei uns in der Branche wird sehr viel über Bon-Schnitts gesprochen, also Teile pro Kunde. Wie viele Teile kauft ein Kunde im Durchschnitt? Und im Durchschnitt sind wir hier so bei ungefähr, ich sag mal, 2,2, 2,3 Teilen pro Kunde. Das ist für unser, in dem Sortiment, in dem wir uns bewegen ist das ein sehr ordentlicher Wert schon und haben einen Durchschnittsbon von um die 100 Euro, so in etwa das, pi mal Daumen, übers ganze Jahr gerechnet und da ist auch jeder einzel gekaufte Schal als Geschenk mit drin, also einfach über das Jahr hinweg circa 100 Euro pro Bon. So und im „Kleiderzimmer“ mache ich halt einfach mal nicht 2,2 Teile auf den Bon, sondern 5,8 Teile auf den Bon.
Frank Rehme: Wow.
Gaby Flatinger: Das heißt, ich mache fast das Dreifache. Der Durchschnittsbon im „Kleiderzimmer“ liegt auch, liegt quasi wirklich beim Dreifachen. Also wir liegen ungefähr bei 300 Euro pro Kundin, die kommt und das ist der Durchschnitt übers ganze Jahr gerechnet. Das heißt, da gibt es auch welche, die sind deutlich höher und das sind einfach Zahlen, die lügen nicht, weil unser System ist da sehr detailliert und das begeistert mich immer wieder aufs Neue, wenn ich sehe, wie erfolgreich diese Termine nach wie vor sind. Wir haben jetzt im November, haben wir 27 gebuchte „Kleiderzimmer“-Termine in vier Filialen.
Frank Rehme: Oh. Ja, da ist ja die große Herausforderung aber auch, wir reden ja hier über Personalmangel in jeder Ecke, du musst natürlich nicht nur Leute haben, die nach Feierabend dann dort die Kundinnen da bedienen, sondern die müssen auch gut aktivieren können, gute Empathie haben. Habt ihr die auch speziell ausgebildet, speziell rekrutet dafür oder hattet ihr immer schon so Leute, die in dem Bereich gut unterwegs waren?
Gaby Flatinger: Also wir sind, wie gesagt, wir sind immer schon bekannt dafür, dass wir eine sehr gute Beratung haben und das hatten wir schon auch als meine Oma noch im Geschäft gearbeitet hat. Also wir haben ja ganz viel Tradition auch bei uns und das ist wirklich was, für das sind wir sehr bekannt, aber das hat auch viel mit Schulung zu tun. Für die Schulung nutzen wir unsere eigene App, das ist die JOLA-App, über die haben wir ja auch schon mal gemeinsam gesprochen. Da nutzen wir das wirklich gezielt, um die Mitarbeiter zu schulen. Unser Auswahlprozess ist wirklich auch sehr hart. Also wir bekommen natürlich auch viele Bewerbungen, aber Menschen, die nicht zu uns passen bzw. am Kunde nicht das Einfühlungsvermögen mitbringen, das wir brauchen, die schaffen es bei uns nicht, die werden gar nicht eingestellt. Also es ist wirklich so, dass wir ganz gezielt die Leute aussuchen, lieber mal jemanden sagen: Die stellen wir nicht ein, auch wenn wir Bedarf haben. Weil wir nicht wollen, dass unser Niveau sinkt, was die Beratung angeht, aber wir haben, ich habe in jeder Filiale Menschen, die kommen rein, die gucken, wo ist ihre Beraterin und wollen dann unbedingt mit der einkaufen, weil die versteht sie. Und dieses Gefühl ist natürlich im „Kleiderzimmer“ noch viel, viel, viel stärker, weil natürlich eine viel engere Beziehung zur Beraterin entsteht. Also im normalen Verkaufsbetrieb Siezen wir natürlich alle Kundinnen, im „Kleiderzimmer“ wird sofort zum Du gewechselt, weil es ist ja eine ganz familiäre Atmosphäre, die wir da haben und was halt für uns ein riesen Thema ist, es gibt ganz viele Kundinnen da draußen, die waren vielleicht schon mal mit Outfittery oder unterwegs oder bestellen gerne auch mal online was oder gehen durch die großen Einkaufsstraßen, aber die wissen gar nicht mehr, was es heißt beraten zu werden. Das kennen die zum Teil gar nicht. Auch quasi junge Frauen, bei denen sich sozusagen das Leben ändert, also man wechselt vom Studium in Job und auf einmal ist der Faktor „wann gehe ich einkaufen?“ wichtiger als was es kostet zum Beispiel. Das heißt, die Leute erleben auch im „Kleiderzimmer“ ganz oft wieder, was es denn überhaupt heißt gut beraten zu werden, weil das total verloren gegangen ist bei uns in der Branche ein bisschen, weil man ja jeden einstellt, der vorbeikommt, bevor man niemanden hat. Und diese Philosophie fahren wir nicht, wir sagen: Die Leute, die da sind, müssen qualitativ so gut sein, dass wir das Niveau halten können, ganz wichtiger Punkt. Und dann erleben die Kundinnen bei uns hier, was es heißt, gut beraten zu werden, sehr gut beraten zu werden und jetzt kommt’s, wir haben halt in jedem Termin mindestens eine Neukundin dabei, eher zwei bis drei. So, was denkst du macht eine Kundin, die uns zum ersten Mal im „Kleiderzimmer“ kennenlernt und dann erfährt, wie toll sie bei uns beraten wird?
Frank Rehme: Da hab ihr die Multiplikatoren dann direkt geschaffen.
Gaby Flatinger: Die kommt einfach wieder. Das heißt, wir machen damit Werbung, was wir am besten können auf einem ganz direkten Weg und das ist unbezahlbar, was wir da an Neukunden gewinnen durch’s „Kleiderzimmer“ und vor allem, wenn ich dann sehe, wie diese Kundinnen danach uns treu bleiben, das ist wirklich, so wünschen wir uns das. Das funktioniert.
Frank Rehme: Ja eigentlich ist das so eine Geschichte, die wunderbar Community Marketing und Loyalty miteinander super verbindet und da sieht man ja mal wieder, dass man über solche Formate der guten Beratung, guten Service und natürlich des Erlebnisses, das ist ja ein Erlebnis-Shopping, was da bei euch stattfindet, dann auch langfristig Erfolg haben kann.
Gaby Flatinger: Ganz richtig, weil was ich halt sehe ist, wir waren, als wir angefangen haben im „Kleiderzimmer“, waren wir in einer Zeit, da gab es um uns herum ganz viel Preseason Sale, Midseason Sale, Final Sale, Launch Sale und das quasi zweimal im Jahr, pro Saison, vier Schlussverkäufe so in etwa. Das heißt, die Kundin wurde darauf dahin erzogen, dass es immer irgendein Rabatt gibt, Schlussverkauf ist, irgendwas ist immer und gleichzeitig waren wir extrem auch abhängig von äußeren Einflüssen, Wetter und Verkehr. Also wenn es halt im September draußen noch 25 Grad hat, will halt kein Mensch einen Pullover kaufen. Im „Kleiderzimmer“ wird er aber gekauft, weil die haben ja vorher schon einen Termin gemacht, um im September zum Saisonstart shoppen zu gehen und dann verkaufen wir auch den Pullover im „Kleiderzimmer“. Und das heißt, wir schaffen durch dieses Erlebnis, das wir schaffen, machen wir uns unabhängig von diesen Einflüssen, die wir, also von diesen äußeren Einflüssen, die wir nicht in der Hand haben. Ganz klar. Das heißt, die Kundin kommt, egal welches Wetter ist, die Kundin kommt, egal welche Aktion ich habe, in’s „Kleiderzimmer“, wenn sie einen Termin hat. Die kommt auch egal, wie der Verkehr ist und wir sprechen über das Erlebnis mit ihr und was wir auch merken und das ist für uns ganz großartig eben im Marketing und der Werbung mit unseren Kundinnen, wir sprechen ja auch hier immer wieder über dieses Erlebnis, das sie bei uns hat. Das heißt in Zeiten, wo wir eben keinen Rabatt geben wollen oder wo vielleicht auch Rabatte im Sand verlaufen, wie zum Beispiel die ersten zwei Wochen im Dezember, weil im Black Friday ganz viel abgegrast wurde, in diesen Zeiten sprechen wir mit unseren Kundinnen über ein Erlebnis, über das, was sie bei uns mit ihren Freundinnen emotional erleben kann und das macht einen riesen, riesen Unterschied in unserer kompletten Kommunikation mit unseren Kundinnen.
Frank Rehme: Ach übrigens, wusstet ihr, dass unsere Autorinnen und Autoren auch für Vorträge, Beratungen oder Expertengespräche zur Verfügung stehen? Wenn ihr also tiefere Einblicke in die Zukunft des Handels wünscht, seid ihr bei ihnen genau richtig. Und wenn ihr vor Herausforderungen bei der Transformation im Handel steht, ist unser Partner, die GMV Team GmbH, bereit, euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Zögert nicht, Kontakt aufzunehmen, einfach hier an , kommt immer an. Danke, dass ihr Teil unserer Community seid. Jetzt geht es aber weiter.
Jetzt habe ich damals, als wir da anfangs darüber gesprochen haben, habt ihr ja gesagt: Mensch, wenn ein Händler beraten werden will, wie er solche Sachen auch bei sich einführen kann, dann kann er euch buchen auch für solche Themen, wo ihr dann das Wissen und natürlich auch eure Plattform zum Buchen weitergeht. Ist das noch so oder habt ihr das eingestellt?
Gaby Flatinger: Nein, also das ist noch so. Also ich kann quasi an die Homepage, „mein Kleiderzimmer“ ist losgelöst von „Schwesterherzen“. Also das ist eine separate Homepage an die einfach auch andere Händler ganz einfach angeschlossen werden können und das ist nach wie vor möglich. Wir haben jetzt mittlerweile ja ganz viel Erfahrung gesammelt, wie muss so ein Termin ablaufen, dass es personal optimiert ist, dass wir eben nicht Mitarbeiter haben, die draußen im Laden rumstehen, während die Gruppe nicht rauskommt oder solche Sachen. Wir haben da ganz viel Erfahrungswerte, auch was Catering, Snacks und all diese Dinge betrifft, wie die Einrichtung sein muss und so weiter. Und das teile ich natürlich sehr gerne mit Kollegen, weil ich glaube, dass dieses Sprechen über ein Erlebnis das Wichtigste ist, was wir unserer Kundin bieten können, weil das wird das Internet in diesem Maße nie können. Du kriegst online, du kannst online mittlerweile zum Teil anprobieren, wenn du die richtige Software hast und so weiter. Aber dieses Erlebnis mit Freundinnen, das kannst du nicht ersetzen und da schaffen wir einfach eine Kundenbindung, die ist absolut gigantisch für uns. Und ich lade alle ein, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Ich rede da gerne drüber und auch einfach, wie man das umsetzen kann, wie wir uns da anschließen können. Ich glaube, es wird Zeit, dass „das Kleiderzimmer“ noch mehr Kolleginnen und Kollegen umsetzen, weil das bietet unserer Kundin einfach einen absoluten Mehrwert und hebt uns ab von allen großen Ketten, von allen, wo auch vielleicht viel, viel mehr Kapital hinten dransteckt, wie bei so einem kleinen Inhaber geführten Geschäft. Aber diese Emotionen können wir viel besser transportieren, wie jeder Großfilialist.
Frank Rehme: Ich verlinke natürlich die Seite in den Show Notes ganz klar, aber auch die alten Artikel, die wir haben, auch über die JOLA-App, kann ich echt nur empfehlen, Leute, guckt euch den Artikel über die JOLA-App noch mal an. Da haben wir auch eine Podcast-Folge zugemacht zum Thema Recruiting und Mitarbeiterfortbildung, wie man da die JOLA-App auch nutzen kann. Aber Gaby, ich habe noch etwas, wo ich dich noch mit überraschen will, nämlich ein kleines Ratespiel, was wir hier zum Abschluss immer machen. Und zwar stellen wir die Frage: Wie viel Handel bist du? So, du kriegst jetzt mal ein paar Fragen und dann wollen wir mal gucken…
Gaby Flatinger: Okay, ich bin gespannt.
Frank Rehme: …wie weit wir da kommen. Also, wofür steht der Begriff WKZ?
Gaby Flatinger: Wirtschaftskontrollzentrale?
Frank Rehme: Fast gut. Das ist der Werbekostenzuschuss, der sehr stark in der natürlich in der Konsumgüterindustrie immer bezahlt wird.
Gaby Flatinger: Ach stimmt, das ist das, was wir nicht bezahlt bekommen von unseren Lieferanten.
Frank Rehme: Genau.
Gaby Flatinger: Stimmt, ja.
Frank Rehme: Die halten sich daraus bei euch.
Gaby Flatinger: Ja, absolut.
Frank Rehme: Genau, aber etwas, was bei euch natürlich auch zählt, die nächste Frage: Wofür steht die Abkürzung GTIN, also G-T-I-N?
Gaby Flatinger: Oh, Global Tracking Identification Number?
Frank Rehme: Ja, so ähnlich. Global Trade Item Number, war schon gut.
Gaby Flatinger: War schon nah dran.
Frank Rehme: Ja, genau. So, jetzt kannst du aus drei aussuchen. Jetzt ist das so ähnlich wie bei Günther Jauch. Welchen Umsatz hat der Einzelhandel, also online und offline zusammen, 2023 gemacht? 650, 730 oder 810 Milliarden?
Gaby Flatinger: 810.
Frank Rehme: 650 Milliarden. War ein bisschen weniger. So, jetzt kommt etwas, da müsstest du eigentlich ein gutes Gefühl für haben. Von diesen 650 Milliarden, wie hoch war da der Online-Anteil? 14, 22 oder 26 Prozent? Über alles, denkt dran, da ist auch Lebensmittel mit drin.
Gaby Flatinger: 26.
Frank Rehme: Nee, 14.
Gaby Flatinger: 14. Das war mein erster Impuls.
Frank Rehme: Ist gar nicht so hoch.
Gaby Flatinger: 14 Prozent.
Frank Rehme: Genau, richtig, über alles. Das waren nämlich 84 Milliarden von 650.
Gaby Flatinger: Wahnsinn.
Frank Rehme: Das sind grad mal 14 Prozent. Wir denken ja immer, dass der Online-Handel den stationären Handel kaputt macht und der hatte auch im letzten Jahr erstmalig wieder einen Rückgang. Also man sieht, da ist der Zenit auch überschritten. Aber natürlich ist das die Zahl ein bisschen, die verfälscht so ein bisschen, weil natürlich da Lebensmittel mit drin sind, die mit unter zwei Prozent natürlich und die Hälfte des Gesamtumsatzes, da natürlich die Quote nach unten ziehen. Ich sag mal, bei Fashion und Consumer Electronics liegt ja irgendwo zwischen 28 und 30 Prozent, sieht die Welt natürlich ganz anders aus.
Gaby Flatinger: Ja, klar.
Frank Rehme: So, dann, wie viel Beschäftigte hat der Handel? 2,7, 2,9 oder 3,1 Millionen?
Gaby Flatinger: Da sind auch die Lebensmittler dabei, gell?
Frank Rehme: Ja, alle, genau.
Gaby Flatinger: Ich bin trotzdem bei 2,1.
Frank Rehme: 3,1 meinst du?
Gaby Flatinger: Ja, 3,1 genau.
Frank Rehme: Genau, damit liegst du richtig. Genau. Richtig.
Gaby Flatinger: Sehr gut.
Frank Rehme: Einer der größten Arbeitgeber mit in Deutschland. Und jetzt kommt eine Frage, da gehört ihr natürlich auch mit zu: Wie viele Ladengeschäfte in Deutschland gibt es? 357, 411 oder 436.000?
Gaby Flatinger: 436.000.
Frank Rehme: Richtig.
Gaby Flatinger: Yeay.
Frank Rehme: Genau. Und jetzt kommt aber etwas: Wie viele davon sind unter zwei Millionen Umsatz? Was schätzt du von den 436.000? Wie viele sind da unter zwei Millionen Umsatz? Wie viel Prozent ungefähr?
Gaby Flatinger: Ja, so 50, 60 Prozent.
Frank Rehme: Ja, du bist da vollkommen richtig. Also es sind 252.000 Läden, wenn man sich mal anschaut, die 252.000 Läden, das sind wirklich die ganz kleinen Inhaber geführten, auch Spezialgeschäfte häufig, die machen aber unsere Innenstädte bunt und nicht die großen Filialisten. Deswegen gehen wir in die Innenstädte und die müssen wir auch stärken natürlich. So, letzte Frage: Wie viel Prozent der Inventurdifferenzen werden vom eigenen Personal oder Servicekräfte verursacht?
Gaby Flatinger: Ein Drittel.
Frank Rehme: 16, 21 oder 28 Prozent?
Gaby Flatinger: 28.
Frank Rehme: Richtig. Siehst du, du bist ganz schön viel Handel, hast doch viele Treffer noch mit dabei gehabt. Hochinteressant. Also Gaby, also wir sind ja jetzt schon echt lange in Kontakt, über diese ganzen sieben Jahre irgendwo haben wir immer wieder Touchpoints, die uns immer irgendwie treffen. Ich finde das auch total spannend, was ihr da unten macht und ich bin hier wegen meiner Sportbegeisterung, also wo ich selber Sport ausübe, zur deutschen Meisterschaft, immer bei euch da unten in der Gegend und immer schaffe ich es irgendwo euch dann auch mal zu besuchen. Ja Gaby, vielen Dank. Also an alle Hörerinnen und Hörer, guckt euch diese ganze Geschichte mal an, wenn ihr auch selber Händlerin oder Händler seid, lasst euch inspirieren von so Dingen, wie man Menschen begeistert, denn das ist genau das, was die Stärke des stationären Handels ist. Gaby, ja, schönen Dank.
Gaby Flatinger: Ja, sehr, sehr gerne, es hat sehr viel Spaß gemacht mit dir.
Frank Rehme: Ich bin gespannt, worüber wir uns in zwei Jahren noch unterhalten werden. Dann habt ihr wieder irgendwie eine neue Schweinerei ausklabüsert, die es wert ist, hier berichtet zu werden, da bin ich fest von überzeugt.
Gaby Flatinger: Da bin ich sicher, ich arbeite schon an einem neuen Konzept, aber das ist noch nicht so weit, aber wenn es so weit ist, erzähle ich dir davon.
Frank Rehme: Alles klar, bis dann Gaby.
Gaby Flatinger: Bis dann, tschüss.
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