ZDE Podcast 113: Diversity Management im Handel – früher am Trend als andere
Was macht eigentlich eine Diversity Managerin im Handel? Wer den Zukunft des Einkaufens Podcast hört, interessiert sich für Zukunftstrends und ist früher an den Themen dran, die später auch bei anderen auf dem Tisch landen. Neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit wird das Thema Diversität ein zunehmend wichtiger Faktor für Unternehmen.
Diversity Management?
Dabei geht es um ein modernes Image, um das Anwerben von Fachkräften und um erfolgreichere Teams. Denn Studien zeigen immer wieder: Teams mit den unterschiedlichsten Hintergründen in Bezug auf Geschlecht, Herkunft, Ausbildung, Religion und sexueller Orientierung sind langfristig erfolgreicher.
Diversitätsmanagement beschäftigt sich genau damit: die Vielfalt der Gesellschaft nicht nur anzuerkennen, sondern sie aktiv in die Unternehmenskultur einzubinden und zu fördern.
Expert:innen sagen, dass Diversity Management in einigen Jahren ein Must-Have ist und wer das nicht macht, muss mit dem berühmt-berüchtigten Shitstorm rechnen. Also besser früher einsteigen als zu spät!
Wie kleine Händler:innen anfangen
Im Zukunft des Einkaufens Podcast erklärt Kirstin Hahne, wie sie das Diversity Management beim Modehändler Bonprix aufbaut. Was sind konkrete Maßnahmen? Worauf ist zu achten? Und vor allem: was können auch kleine Händler:innen in dem Bereich tun? Das verrät Kirstin Hahne im Gespräch mit Marilyn Repp.
Shownotes
Female Retail Podcast: 7 Tipps für mehr Diverität im Unternehmen mit Sylvia Borcherding
Studie von McKinsey: Zusammenhang zwischen Diversität und Geschäftserfolg noch nie so deutlich
Diversity Offensive des Handelsverbands Deutschland – HDE
Die gesamte Folge zum Nachlesen
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen folge des ZDE Podcast. Mein Name ist Marilyn Repp, ich beschäftige mich mit Innovationen, Digitalisierung, Trends und Technologien im Handel und heute klären wir die Frage, was eigentlich eine Diversity Managerin im Handel macht.
Wer diesen Podcast hört, interessiert sich für Zukunftstrends und ist früher an den Themen dran, die später auch bei Anderen auf dem Tisch landen. Und wer erinnert sich noch an das Thema Digitalisierung vor 15 oder 20 Jahren? Das war dann eher für Nerds und Tech-Unternehmen und inzwischen ist es überall angekommen und alle müssen sich damit beschäftigen. Genau das Gleiche beobachteten wir in den vergangenen Jahren auch beim Thema Nachhaltigkeit. In Zukunft wird es kein Pluspunkt mehr sein, Nachhaltig zu handeln, sondern es wird negativ wirken, wenn man das Ganze nicht macht. Und das Selbe wird mit dem Thema Diversity passieren. Diversitätsmanagement für Unternehmen wird immer wichtiger, das zeigen Umfragen und Studien und deshalb werden wir uns dem Thema in Zukunft auch verstärkt widmen, um euch da draußen fit zu machen als Unternehmen für dieses Zukunftsthema. Diversity Management bedeutet, dass man sich mit dem Thema Vielfalt der Gesellschaft auseinandersetzt und beschäftigt und sensible auf die Bedürfnisse dieser verschiedenen Gruppierungen eingeht. Bei Mitarbeitenden, aber auch bei Kundinnen und Kunden. Und es geht auch um das Thema Fachkräftenachwuchs und Image und nicht zuletzt um langfristigen unternehmerischen Erfolg. Meine Interviewpartnerin heute sagt dazu: „Wir können es uns nicht leisten, A, Personen mit ihren Bedürfnissen zu vernachlässigen und, B, die Potenziale nicht zu heben. Die Konkurrenz am Arbeitsmarkt ist groß und der Arbeitsmarkt wird ja auch immer globaler, das heißt wir konkurrieren auch da mit immer mehr spannenden Unternehmen“. „McKinsey ist da immer sehr intensiv und sehr regelmäßig dabei nachzuweisen, dass Vielfalt eben bessere Ergebnisse erzielt.“
Bevor wir jetzt aber loslegen mit unserem Thema, kommt hier noch ein Hinweis auf unseren Sponsor bei Zukunft des Einkaufens, das ist das Unternehmen Comarch.
Wir werden auf den verschiedensten Kanälen immer wieder gefragt, welches Warenwirtschaftssystem, also ERP System, das passende ist. Da hilft vielleicht ein Hinweis auf den Sponsor unserer heutigen Sendung, nämlich auf Comarch.
Comarch ist ein weltweiter Anbieter von IT-Lösungen für den Mittelstand und hat ein ERP System, welches sich sicherlich lohnt, anzuschauen. Wir reden hier über ERP XT, welches ein mini ERP System für Kleinst- und Kleinunternehmen ist und eine Web- und Browserbasierte Software zur Unternehmensverwaltung mit eigener App bietet, speziell für Selbstständige, Freelancer, StartUps, Digitale Nomaden und natürlich auch Einzelunternehmer. Es gibt verschiedenste Funktionen und Module, wie Rechnungen und Angebote schreiben, Lagerverwaltung, POS-Modul mit Kassensoftware für iOS, Businessmodul zur Analyse von Geschäftsdaten und natürlich eine Integration in den Comarch Webshop. Letzteres ist natürlich ein Highlight, denn in vielen Geschäftsbereichen sehen wir immer wieder, dass Webshops nicht mit Warenwirtschaftssystemen arbeiten wollen und das ist mit ERP XT wunderbar gelöst. Du findest also mit Comarch einen Partner für deine Digitalisierung, bekommst die nötige Flexibilität, um dich voll auf dein Kerngeschäft verbringen zu können, du kannst zeit- und ortsunabhängig auf deine Unternehmensdaten zugreifen und hast alles aus einer Hand. alle Daten liegen sicher in einer cloud und das auch noch in mehreren sprachen, wie zum Beispiel deutsch, englisch, polnisch und französisch.
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Und jetzt ganz viel Spaß mit dem Interview und bei den Einblicken in die ganz konkreten Umsetzungen beim Unternehmen bonprix.
Marilyn Repp: Ich habe heute Kirstin Hahne zu Gast. Sie ist Business Coach, kommt aus der Handelsbranche und beschäftigt sich seit einigen Jahren mit einem absoluten Zukunfts- und Trendthema, nämlich Diversität in Unternehmen. Hallo Kirstin.
Kirstin Hahne: Hallo, ich freue mich.
Marilyn Repp: Du kannst gerne noch ein paar Worte zu dir sagen. Stelle dich doch einfach selbst vor.
Kirstin Hahne: Ja, sehr gerne. Ich bin Kirstin, sitze und wohne in Hamburg und arbeite im Moment auch ausschließlich von dort. Ich habe tatsächlich eine Handelshistorie hinter mir, da ich 15 Jahre Otto in meiner Vita stehen habe, inklusive dualem Studium. Das war mein erster aktiver, beruflicher Kontakt zum Thema Handel. Ich war da so richtig im Vertrieb und Marketing, also, wie ich sage, im Kerngeschäft Otto, weil ich Katalogmarketing gemacht habe, also so richtig an klassischen Konzepten mit dran. Habe dann Kampagnenplanung mit dazu bekommen und war die Hälfte der Zeit auch Abteilungsleiterin und habe natürlich auch Einiges begleitet im Channelshift und natürlich auch Umstrukturierungen gemacht und hatte eine sehr spannende, intensive und lehrreiche Zeit. Da bin ich dann im Rahmen einer Umstrukturierung rausgegangen, da es am Ende eine Konstellation gab, die für mich nicht mehr gepasst hat. Danach war ich ein wenig ‚lost‘, weil ich eben nur Otto kannte, und stand dann auf einmal in der freien Wildbahn und habe mich gefragt, was ich jetzt eigentlich mache. Die Zeit habe ich aber dann bewusst genutzt, um mich neu orientieren zu können und zu schauen, was von dem, was ich gemacht habe, ich weiter machen möchte und was es nicht mehr braucht. Ich traf dann damals die Entscheidung, mich als Business Coach und Trainerin selbstständig zu machen. Als Trainerin habe ich auch wiederum Kontakt zum Handel, weil ein großer Discounter einer unserer Kunden im Netzwerk ist. Dann habe ich noch einen kurzen Abstecher in eine andere Branche gemacht und war bei der New Work SE, also ehemals Xing, im Personalbereich, zunächst als wohl älteste Praktikantin und dann ein Jahr als Elternzeit Vertretung und hatte die Chance, ein anderes Unternehmen und Umfeld kennenzulernen. Dort bin ich dann auch geplant wieder ausgestiegen und bin, genau wie du angesprochen hast, seit Juni letzten Jahres Diversity Managerin und zurück in die Otto Gruppe, zurück in die alte berufliche Heimat, gegangen und zwar zu bonprix. Dort ist die Rolle als Diversity Managerin sowohl für mich, als auch für das Unternehmen neu, da es diese dort so explizit gar nicht gab.
Marilyn Repp: Du bist dem Handel quasi treu geblieben, beziehungsweise bist du dort wieder gelandet und wieder in Berührung. Das ist für uns natürlich umso interessanter.
Worauf wir heute eingehen wollen, ist das Thema Diversitätsmanagement in der Handelsbranche, aber da sollten wir erst einmal klären, was eine Diversity Managerin eigentlich macht, denn man hört immer davon, dass Diversität immer wichtiger wird, neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Aber nochmal ganz von vorne: was sind eigentlich deine Themen und was machst du da?
Kirstin Hahne: Ich glaube tatsächlich, wenn du das mehrere Leute fragst, was Diversity Management ist, bekommst du diverse Antworten, weil es etwas ist, was sich noch sehr entwickelt und wo auch immer klarer noch wird, was es ist eigentlich ist, was die Aufgabe ist und wo der Mehrwert dieser Rolle liegt. Ich habe neulich selber meine Stellenausschreibung, auf die ich mich dann beworben habe, nochmal angeguckt und ich glaube, damals wussten die im Unternehmen auch noch nicht so genau, was es ist. Ohne, da jemandem zu nahe treten zu wollen. Für mich ist die Rolle ein Spagat oder ein Link zwischen den persönlichen Anliegen und Themen unserer Kolleg*innen, in Bezug auf eine der sieben Diversity Dimensionen, also wie fühle ich mich zum Beispiel als Frau, wenn es um Karrierechancen geht, wie fühle ich mich als Person mit einer körperlichen oder geistigen Einschränkung im Unternehmen. Also bei Allem, was in diesen sieben Diversity Dimensionen eben so aufploppen kann, genau hinzugucken und zu gucken, was die Kolleg*innen brauchen, wenn wir uns mit diesen Aspekten auseinander setzen und ich halte den Mehrwert einer Rolle wie meiner insbesondere in dem Link zu dem und dazu was am Ende das Unternehmen davon hat. Quasi also eher der unromantische Part, warum es für uns auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, sich intensiv damit auseinander zusetzen. Stichworte Fachkräftemangeln, Menschen werden immer älter, Internationalisierung. All diese Aspekte, sich da eben bewusst mit auseinander zu setzen im Unternehmen und bewusst einen Nutzen da raus zu ziehen, so dass wir kein Potential auf der Straße liegen lassen, sondern für alle Mitarbeitenden und potentiellen Mitarbeitenden ein offenes, tolerantes Umfeld schaffen und dafür sorgen, dass möglichst viele bei uns arbeiten und, aus der Handelsperspektive, natürlich nachher auch bei uns kaufen wollen. Also in meiner Rolle geht es immer um beides: sowohl der Blick auf die Menschen, was brauchen die und was ist der Link zu einem Mehrwert Nutzen auch aus der unternehmerischen Perspektive.
Marilyn Repp: Jetzt hast du die Frage, warum es wichtig ist, natürlich schon beantwortet. Viele Leute, die sich noch nicht damit auseinander gesetzt haben, könnten ja dann mal sagen, dass das zwar ganz nett ist, aber für den wirtschaftlichen Erfolg sicherlich nicht wirklich einen Ausschlag hat. Da würdest du aber tatsächlich entgegnen, dass es doch eine Auswirkung hat, gerade im Bezug auf Fachkräftemangel und Nachwuchsfindung, was ja auch für Unternehmen immer schwieriger wird.
Im Endeffekt geht es ja auch um das Image.
Kirstin Hahne: Absolut. Also Image ist etwas, was am Ende nach außen auch sichtbar wird. Wie positionieren wir uns, mit welcher Haltung sind wir, sowohl als Anbieter, als auch als Arbeitgeber, am Markt. Wir können es uns nicht leisten, Personen mit ihren Bedürfnissen zu vernachlässig und die Potentiale nicht zu heben. Die Konkurrenz am Arbeitsmarkt ist groß und der Arbeitsmarkt wird ja auch immer globaler, das heißt, wir konkurrieren auch da immer mehr mit spannenden Unternehmen, die auch mit neuen Geschäftsmodellen um die Ecke kommen. Also müssen wir da für uns auch aus einer Unternehmensperspektive sorgen. Als ich angefangen habe wurde ich dann auch gefragt, ob ich jetzt so eine Frauenbeauftragte sei. Also ein Blick auf sehr isolierte Aspekte aus dem Diversity Kontext und das immer ein bisschen despektierlich, also so ein bisschen dieses Schischi, „als hätten wir sonst keine Probleme“. Da glaube ich braucht es noch viel Aufklärungsarbeit, dass es eben kein Schischi ist, sondern hart wirtschaftlich wichtig ist. Da kann man Studien rauf und runter lesen. McKinsey ist da immer sehr intensiv und regelmäßig dabei nachzuweisen, dass Vielfalt eben bessere Ergebnisse erzielt, also in Zahlen messbar.
Marilyn Repp: Da geht es ja nicht nur die Förderung von Frauen in Führungspositionen, sondern auch in andere Dimensionen, die du vorhin ja auch angesprochen hast.
Was passiert denn ganz konkret bei bonprix? Wir haben jetzt kurz über die Theorie gesprochen, aber wie werden ganz konkret Diversity Maßnahmen im Unternehmen umgesetzt?
Kirstin Hahne: Mittlerweile kann ich da ganz viel berichten nach meinem guten Jahr. An der Stelle ist es mir auch immer wichtig zu sagen, dass es, bevor ich ins Unternehmen gekommen bin, schon sehr viel Engagement gab. Also es gab schon vorher auch Kolleg*innen, die sich für einzelne Dimensionen oder Aspekte aus den Dimensionen engagiert haben und seit Juni letzten Jahres hat das noch so ein bisschen neuen Schub bekommen. Auch dadurch, dass es meine Rolle dann gab, wurde nochmal deutlich, dass wir bei bonprix es ernst meinen und da auch ran wollen. Wir haben natürlich vorher schon eine Schwerbehindertenvertretung gehabt, jedoch seit Juni letzten Jahres drei wirkliche Initiativen zurück ins Leben geholt, beziehungsweise neu gegründet. Eine davon beschäftigt sich mit der Dimension Geschlecht und geschlechtliche Identität, da wäre zum Beispiel auch Frauen und Karriere ein Workstream darunter. Dann gibt es eine neue Initiative „Alter“, die im August ihren Kickoff haben wird. Auch da war mir immer wichtig, nicht nur auf die 50+ Kolleg*innen zu gucken, sondern zu sagen, dass diese Dimension auch ihre Vielfalt von jung bis alt hat und dementsprechend mit Themen bespielt werden sollte. Genau so wie, Geschlecht und geschlechtliche Identität nicht nur eine Fraueninitiative sein sollte, sondern alle Geschlechter umfasst. Und wir haben jetzt, im Pride Month Juni, ganz neu eine dritte initiative zur Dimension sexuelle Orientierung, also Fokus LGBTQIA+ ins leben rufen können. Da freue ich mich sehr. Da sind von jetzt auf gleich 9 Kolleg*innen rein gegangen und zusammen mit den anderen Initiativen haben wir jetzt zwischen 60-70 Kolleg*innen, die sich in Initiativen engagieren und das ist für mich ein riesiges Zeichen dafür, dass wir zwar immer noch eine Bubble von Kolleg*innen sind, die sich aktiv mit Diversity beschäftigen, diese jedoch wächst. Und so lange die Richtung da stimmt, bin ich da sehr zufrieden. Das heißt, wir haben diese drei Initiativen und was wir darüber hinaus machen ist alle 2 Monate das Format „Diversity Dialog“. Da ist mein Chef, der Vorsitzende der Geschäftsführung, drin und ich. Wir werden interviewt von einer Kollegin bei uns aus der Kommunikation und haben immer noch eine Kollegin oder Kollegen dabei, der oder die Experte für die jeweilige Diversity Dimension ist, die wir besprechen. Das heißt alle 2 Monate kommt einer der Dimensionen in den Fokus. Wir besprechen das, lassen uns interviewen und haben im Anschluss eine halbe Stunde Zeit, wo sich dann Kolleg*innen, die im Teamscall dabei sind, auch beteiligen und Fragen stellen können, sowohl eigene Einschätzungen geben können. Es ist in der zweiten Hälfte also ein sehr interaktives Format, wo wir dann in den Dialog kommen. Und Dialog ist auch das Stichwort, was ich an vielen Stellen versuche. Ich gehe auch in Bereichsbörsen und erkläre etwas über meine Rolle und über die Themen, gehe da in den Kontakt mit Kolleg*innen, erfahre da auch immer mehr, dass da auch immer mehr auf mich zu kommen und aus ihrem eigenen operativen berichten und mich auf dinge hinweisen, wo ich mehr hingucken soll, was sehr sehr viel Spaß macht. In Summe ist es für mich immer eine Mischung aus Information: Also informieren, über das, was es auch an Studien gibt, was es an aktuellen Ständen, Stichwort gendergerechte Sprache zum Beispiel, gibt.
Dokumentation: Dinge auch abzulegen. Wir haben eine SharePoint Seite, wo man sich auch über bestimmte Inhalte informieren kann.
Kommunikation: Ganz viel in den Austausch gehen. Wir haben einen Teams-Kanal, wo wir auch die Initiativen wiederfinden und viel Austausch zwischen den Kolleg*innen stattfindet. Ich habe auch eine Routine mit unserem Personalleiter. Denn auch wenn der Connect zu HR und Personalthemen sehr eng ist, haben wir in 1-2 Trainings nochmal Diversity Inhalte reingebrieft mit der Trainerin, die das Training gibt. Dann ist jetzt geplant, dass ich mit dem Kollegen und seinem Team auch das Recruiting mitmache und dort tiefer einsteige und wir schauen, wie wir Stellenausschreibungen auch mal anders formulieren können, damit wir diverse ansprechen, damit wir andere und mehr Leute erreichen und uns als Arbeitgeber nochmal anders positionieren können. Und gerade bei Recruiting und Personal Themen gibt es ja auch Ansätze wo man sagt, vielleicht geht da auch in Summe noch mehr, wo man auch dieses Phänomen des Unconscious Buy hat. Also ich hab dann immer schon ein Bild von jemanden ausgeblendet, um dann auch noch offener ran zu gehen, an sich bewerbende Personen.
Marilyn Repp: Ich denke mal, so ganz zu Beginn solcher Maßnahmen im Unternehmen, steht das ganze Thema Sensibilisierung. Wo man die Leute mit ins Boot holt und aufklärt über verschiedene Vorurteile zum Beispiel, wie du sie gerade auch angesprochen hast. Leute, die sich vorher noch nicht so damit auseinander gesetzt haben. Und ich glaube erst dann, wenn dies breit passiert ist, und das dauert aber eine Zeit lang, können die Mitarbeitenden auch einiges bei sich umsetzen. Wenn sie sensibilisiert sind und wissen, worauf man achten soll und kann, kann es erst konkret gelebte Unternehmenskultur sein.
Kirstin Hahne: Absolut. Das ist tatsächlich für mich auch immer der Schritt eins. Ich muss erstmal quasi über das warum kommen. Warum ist es überhaupt wichtig, dass wir uns damit beschäftigen, bevor ich dann mit konkreten Maßnahmen komme. Also Bewusstsein schaffen, Sensibilität erhöhen sind tatsächlich so zwei ganz wesentliche Aspekte in meiner Arbeit und generell im Kontext Diversity.
Marilyn Repp: Und was würdest du sagen, ist der Handel hier besonders in der Pflicht, was Diversity angeht? Denn wir sind ja schon eine Branche, die sehr nah am Kunden, an der Kundin ist. Wie siehst du das? Müssen wir uns da besonders anstrengen oder tut der Handel das vielleicht sogar schon?
Kirstin Hahne: Ich glaube in der Pflicht sind alle, unabhängig ob Handel oder nicht. Das ist meine persönliche Überzeugung und gleichzeitig ist das, was du ansprichst, tatsächlich ein sehr spannender Aspekt. Wir sind sehr unter Beobachtung durch Kundinnen draußen, die ihre Kaufalternative mittlerweile nur einen Klick weit entfernt haben. Da ist ganz viel dran. Ich habe neulich intern bei uns ein Gespräch, beziehungsweise eine Diskussion gehabt, wo ich gesagt habe, mit Nachhaltigkeit nach außen zu werben, wird nicht mehr lange funktionieren. Also dass Kunden und Kundinnen bei uns kaufen, weil wir nachhaltig sind, dreht sich irgendwann in Unternehmen, die nicht nachhaltig sind, da wird einfach nicht mehr gekauft. Das dreht sich glaube ich massiv um, das ist kein Mehrwert mehr sondern wird zu einem Minus, wenn. man es nicht macht. Nach meiner Überzeugung ist die Auseinandersetzung mit Diversity das, was als nächstes kommt. Da geht es gar nicht um politisches Engagement, aber es geht um soziales Engagement und es geht um Haltung. Genau was du sagst, unsere Kunden und Kundinnen haben da einen sehr guten Überblick und wissen genau, wer sich wo und wie engagiert. Wir haben es gerade erst mit der Regenbogenfahnen Thematik miterlebt während der EM, wie aufmerksam Menschen da mittlerweile sind. Und deswegen ist es nicht mehr die Frage ob man sich damit beschäftigt als Handel, sondern wie. Also nicht nur die Regenbogenfahne raushängen, sondern auch ernst gemeint nach innen. Das ist etwas, was wir einfach im Blick haben müssen, dass wir als Handel da sehr nah am Endverbraucher sind und uns da nicht so richtig erlauben können, da nicht aktiv mit umzugehen. Und gleichzeitig auch hier wieder einmal als Händler und gleichzeitig auch wieder als Arbeitgeber. Der Aspekt schwingt da auch wieder mit, dass wir glaubwürdig zeigen müssen, wie wir mit der Buntheit und Individualität mit der Menschen bei uns im Unternehmen umgehen.
Marilyn Repp: Das Thema Öffentlichkeit ist ein ganz zentrales, denn wie du sagst, stehen die Handelsunternehmen, und wie sie sich verhalten, im Fokus der Wahrnehmung. Das habe ich jetzt, wie du angesprochen hast, auch gesehen während dieser Regenbogenthematik. Vielleicht hier noch ein kleiner Hinweis: Ich bin ja hauptberuflich beim Handelsverband tätig und auch dort haben wir ja eine Diversity Offensive vor anderthalb Jahren gegründet und treiben das Thema aktiv voran. Und auch der Handelsverband hat vorletzte Woche sein Logo in den sozialen Medien auf die Regenbogenfarben geändert und das gab es vorher auch noch nicht. Das ist also auch ein Schritt, in welche Richtung es geht und auch der Handelsverband ist da an Board mit unserer Offensive, die wir da gegründet haben. Ich glaube vor ein paar Jahren wäre das alles noch nicht möglich gewesen. Man geht da mit großen Schritten voran und wer eben nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.
Kirstin Hahne: Unser Logo war nicht in Regenbogenfarben angemalt und es gab da auch Rückfragen zu. Ich habe selber ganz ehrlich geantwortet und gesagt, dass ich nicht wüsste, ob wir schon soweit sind und der Prüfung standhalten. Also ob wir wirklich ein Unternehmen sind, welches sich die Regenbogenfarbe schon hinhängen sollte. Ich schätze die Auseinandersetzung bei uns sehr und ich denke wir wären auch besser weggekommen, als manch anderes Unternehmen und doch habe ich gleichzeitig gesagt, man sollte erst machen und dann malen. Also erst wirklich die Initiativen und Inhalte umsetzen und dann die Farbe anmalen. Und gleichzeitig haben wir eine kleine Pride Collection herausgebracht. Da passiert also auch schon viel und ich denke, dass wir uns im nächsten Jahr auch nach außen hin deutlich sichtbarer positionieren werden.
Marilyn Repp: Ich habe jetzt noch eine kurze Frage an dich. Wir haben jetzt über große Unternehmen gesprochen, große Initiativen oder den Handelsverband. Das sind die ganz Großen. Aber was machen denn jetzt die kleineren Unternehmen, die dieses Thema auch für sich als relevant empfinden und sich positionieren wollen. Was würdest du da an Tipps mit an die Hand geben, was man auch ohne großartige Ressourcen umsetzen kann?
Kirstin Hahne: Ja, das ist tatsächlich bei dem Thema oft die Diskussion, also dass man keine Kapazität hätte. Also auch bei uns im Konzern sind wir zwei Unternehmen plus die Holding, die offiziell eine Position wie meine haben. Bei den Anderen sind es Kolleg*innen, die sich quasi on top zu ihrem eigentlichen Job engagieren. Für mich gilt so ein bisschen, egal wie groß oder klein ein Unternehmen ist, ‚done is better than perfect’. Nicht drauf warten, dass man die riesige Strategie überlegt, sondern als ersten Schritt Bewusstsein und Sensibilisierung schaffen und zu schauen, wo der Need ist. Welche sieben Diversity Dimensionen gibt es eigentlich und was steckt dahinter. Im Alltag bewusster miteinander umgehen und sich gegenseitig Feedback geben. Das ist etwas, wofür es überhaupt keine Kapazität braucht und unabhängig von der Unternehmensgröße gut funktioniert. Wie sprechen wir miteinander, welche Wordings haben sich da vielleicht auch eingeschliffen und welche Gewohnheiten haben wir miteinander. Ich möchte möglichst wenige Schubladen auf machen, aber auch da gibt es Unterschiede, wie Männer oder Frauen untereinander kommunizieren und wie finden wir das und können wir uns dafür vielleicht einen neuen Weg überlegen. Also Aufmerksam sein und Bedarf erkennen, wo uns etwas komisch vorkommt. Offen Feedback geben und einfordern. Da wird dann auch ein bisschen deutlich, dass Diversity nicht immer das große, strategische Megathema sein muss, sondern es jeder für sich im Alltag anfassen kann und sich fragen kann, wie man Texte schreibt und welche Begrifflichkeiten genutzt werden, mit wem Pausen verbracht werden und warum mir der Umgang mit diesen Personen leichter fällt, als mit anderen Personen. Zu schauen, welche Muster man selber hat und warum man sie hat. Will ich diese vielleicht hinterfragen und ändern? Das sind Dinge, die ohne Budget und ohne offizielle Kapazität wunderbar funktionieren, wenn man als ersten Schritt sagt, dass wir das miteinander anders gestalten wollen und Rücksicht auf das nimmt, was jeder hier braucht und es auch ernst nimmt, wenn sich Personen diskriminiert oder blöd angemacht fühlen. Und dann wird gemeinsam überlegt, wie wir den schritt nach vorne gehen können.
Marilyn Repp: Hast du an der Stelle auch noch einen Tipp, wo man sich über das gesamte Thema gut informieren und einen Überblick bekommen kann?
Kirstin Hahne: Also ich finde die Webseite der Charta der Vielfalt. Da sind auch die sieben Diversity Dimensionen erklärt und Zusammenhänge erklärt und dort beschreiben auch viele Unternehmen, was sie an Initiativen machen, wie zum Tag der Vielfalt oder zum Diversity Day. Für mich war es, auch als ich in diese Rolle eingestiegen bin, immer so ein Absprungspunkt. Also die Charta der Vielfalt macht da sehr viel und hat die Aufgabe, Diversity in der Arbeitswelt nach vorne zu treiben, nach vorne zu bringen und ich empfehle es jedem als Einstiegslektüre. Und Fluch und Segen in meiner Rolle ist, dass es Lektüre ohne Ende gibt. Sowohl online, als auch als Buch gibt es so viel und ich bekomme alle 3 Tage von Kolleg*innen und Freunden die Nachfrage, ob ich dieses oder jenes bereits gelesen hätte. Daran mangelt es nicht und es ist eher die Frage, worauf ich mich fokussieren möchte, um einen Anfangspunkt zu finden. Charta der Vielfalt kann ich aber sehr empfehlen, um sich zu informieren, was Diversity ist und meint und was die Dimensionen sind, wo einem im Arbeitsleben das ein oder andere begegnet.
Marilyn Repp: Super, vielen Dank für den Tipp. Die Charta der Vielfalt haben wir als Handelsverband zuletzt auch unterschrieben und mehr zu dem Thema Diversity Offensive und Maßnahmen beim Handelsverband haben wir in ein paar Wochen. Dann wird es nämlich in einer Podcast Folge darum gehen.
Liebe Kirstin, an dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei dir für die konkreten Tipps und Einblicke in das Thema Diversität im Handel bedanken.
Kirstin Hahne: Ich danke auch. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Und ganz zum Schluss möchte ich euch einen kleinen Hinweis mit an die Hand geben. Ich bin jetzt im Mutterschutz und werde in den nächsten Monaten ein bisschen kürzer treten. Jedoch habe ich ja einen sehr aktiven und umtriebigen Kollegen, den Frank Rehme, der hier die ein oder andere Aufnahme vervollständigen und auffüllen wird. Ich kann noch nicht genau sagen, wie häufig ich Podcasts liefern werde, möchte aber auf jeden Fall, auch während meines Mutterschutzes und der Elternzeit, weiter machen. Vielleicht fällt die ein oder andere Folge auch einmal aus, das gehört zum Leben dazu, und bitte euch um Verständnis hierfür.
Ich freue mich auf die kommenden Ausgaben.
Bis dahin,
eure Marilyn
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