ZDE Podcast 192: International verkaufen für jeden Händler
Wenn der Heimatmarkt zu eng wird, ist es gerade für Händler mit eigenem Onlineshop eine Option, sein Geschäft auf das Ausland auszuweiten. Wie man international verkaufen kann erklärt und Christopher Henke in dieser Folge.
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Frank Rehme: Ja und da haben wir wieder eine neue Folge unseres Retail Innovation Radios heute mit einem ganz, ganz interessanten Thema, nämlich das Thema E-Commerce und Expansion von E-Commerce in Richtung Ausland. Und warum das notwendig sein sollte, das besprechen wir jetzt mit Christopher Henke, den ich glücklicherweise ans Mikrofon bekommen habe. Hallo Christopher, grüß dich.
Christopher Henke: Moin moin. Schön, dass ich da sein darf.
Frank Rehme: Ja, moin moin und ich sehe auch, das können unsere Hörerinnen und Hörer jetzt nicht sehen: Du hast auch ganz viel Schiffe bei dir im Hintergrund.
Christopher Henke: Ja, Kieler Förde. Ich meine, Kieler Woche ist in anderthalb Monaten schon und für mich als Nordlicht natürlich ein Muss im Arbeitszimmer.
Frank Rehme: Absolut, gehört mit dazu. Ja und da sind wir ja eigentlich auch schon beim Thema. So Schiffe die fahren ja auch nur, wenn ordentlich Wind bläst und bei Flaute kommen die nicht vorwärts und momentan haben wir so eine kleine Flaute beim E-Commerce, oder?
Christopher Henke: Ja, die rosigen Zeiten, ich meine, es war natürlich aus vielen anderen Gesichtspunkten keine schöne Zeit, aber ich sage mal, was so E-Commerce und Wachstumszahlen anging, war natürlich dann doch die Pandemiezeit eine große Wachstumsphase und das haben wir nur da leider doch schon deutlich hinter uns gebracht. Also wir sind ja wirklich in der Rezession, was das angeht. Also zweistelliger Umsatzrückgang im Jahr 2023, da ist nicht mehr viel Spaß dabei.
Frank Rehme: Ja, man redet ja bei zweistelligen, so gerade eben zweistellig, 11,8 Prozent, sagt ja der BEVH, aber trotzdem die Branche war ja eigentlich verwöhnt vom Wachstum, durch die Pandemie natürlich sehr stark hochgeboostet. Aber das Wachstum in der Pandemie hat mich jetzt auch nicht gerade vom Hocker gehauen, muss ich sagen, denn du musst ja überlegen, wenn viele Läden geschlossen haben, dann denkt man ja die Leute gehen alle online, aber so groß war das Wachstum da auch nicht: Das war grad mal 17 Prozent in den Zeiten. Das ist ja genauso, als wenn Schalke gegen Bayern spielt und man setzt den Torwart raus und man gewinnt dann trotzdem nur 1:0. Also wirklich.
Christopher Henke: Ja, das hat einfach auch wahnsinnig toll unter Beweis gestellt, wie wahnsinnig schlecht in vielen Bereichen auch einfach der deutsche Markt und der deutsche Handel auch auf genau auf diesen Umschwung schon vorbereitet war. Also auch wir haben da sehr viele Händler gehabt, die auf uns zugekommen sind und gesagt haben: Wir brauchen jetzt eine Lösung für morgen. Und da waren keine fertigen Strukturen, das war nichts, worauf man aufbauen konnte, sondern viele haben wirklich erst mit dem ersten Lockdown quasi ihre E-Commerce-Strategie aufgebaut und das funktioniert natürlich nur bedingt gut, wenn man das ganz schnell und quick and dirty machen muss.
Frank Rehme: Ja, ich meine, wenn man 20 Jahre verschlafen hat, kann man das nicht mal eben in einer Stunde nachholen.
Christopher Henke: Das hat man ja auch viel gesagt, dass Corona viel einfach beschleunigt hat, also da sind ja auch viele Unternehmen, haben es ja auch nicht durch die Pandemie geschafft und das wäre vielleicht nicht im Jahr 2020/2021 passiert, sondern vielleicht erst im Jahr 2026/2027, aber genau wie du es sagst, wenn ich 20 Jahre Innovation verschlafe, dann muss ich irgendwann aufwachen und dann ist es vielleicht schon zu spät und dann hab ich es vielleicht wirklich verschlafen.
Frank Rehme: Ja, und hinzu kommt, dass natürlich auch viele Formate, da dann aufgrund des Zeitdrucks auch mit der heißen Nadel gestrickt waren und jetzt nicht unbedingt, um das mal vorsichtig auszudrücken, nicht unbedingt die Bedürfnisse der Menschen getroffen haben.
Christopher Henke: Auf gar keinen Fall. Also und vor allem, sie wurden auch häufig direkt wieder fallengelassen. In der Sekunde, wo die erste Öffnung wieder möglich war, wurde gesagt: Okay, jetzt brauchen wir online nicht mehr. Das war jetzt so lange, wie es sein musste, war es in Ordnung. Es gibt aber auch viele Läden, die das einfach entweder stiefmütterlich behandelt haben oder gar nicht mehr behandelt haben.
Frank Rehme: Ja, stiefmütterlich ist auch so eine Erfahrung, die ich beobachten durfte. Mein Predigen ist ja immer: Ihr müsst das so ansehen, als wenn ihr eine neue Filiale eröffnet, also mit eigenem Personal, eigenem Sortiment und natürlich auch eigenem Marketing und solche Sachen alle. Aber viele haben gesagt: Naja, das machen wir mal so nebenbei, weil jetzt haben wir ja Zeit.
Christopher Henke: Ja, die Filiale brauchen wir jetzt ja nicht mehr. Die anderen Filialen sind jetzt wieder offene, dann können wir die Filiale wieder zumachen. Aber das funktioniert natürlich in der Realität nicht immer.
Frank Rehme: Genau, aber auch bei den Großen ist es angekommen. Also nicht nur bei denen, die wir jetzt so gerade als Beispiel hatten, sondern auch bei den ganz, ganz Großen, die sind natürlich auch vom Rückgang betroffen. Und da gehört natürlich auch zu, jetzt sich neue Wege zu suchen. Gut, in Richtung Internationalisierung brauchen die sich keine Gedanken machen, da sind die ja schon lange unterwegs, aber die, die hier so bis jetzt so den deutschsprachigen Raum bespielt haben, die müssen jetzt mal überlegen: Wie kann ich denn letztendlich neue Kunden finden für mein Angebot online?
Christopher Henke: Ja, und da gibt es ja viele Wege. Also ich meine, das kann natürlich auch Produktsortiment erweitern, das kann natürlich auch neue, neue Marketingstrategien. Man kann ja auch innerhalb eines Landes neue Märkte erschließen, indem man zum Beispiel verschiedene Altersgruppen, die man vielleicht noch so gar nicht bespielt, mit hinzunehmen. Omnichannel, es gibt ja auch für Online-Händer die Möglichkeit offline zu gehen oder in den stationären Bereich. Aber das sind natürlich riesen, riesen große Aufwände mit dabei. Und ich glaube, gerade unser grenzenloser E-Commerce, den wir so ein bisschen in der EU haben und wovon wir profitieren können, da ist einfach, das ist ein kleiner Growth-Hack, ist vielleicht ein Buzzword, das schon sehr viel gebraucht wurde. Es ist aber trotzdem einfach noch relativ leicht zu schaffen, weil nicht so wahnsinnig viel gemacht werden muss.
Frank Rehme: Ja, das ist ja ein tolles Stichwort. Also ich weiß noch zu Zeiten, damals hieß es noch real.de, jetzt ist es ja Kaufland.de, wenn man da auf diesen Marktplatz gelistet war, durch diese vielen Partnerschaften, die die hatten, war man automatisch in Italien, Frankreich und Rumänien auch noch mitgelistet, also das war ja schon mal ein guter Multiplikator, den man haben könnte. Aber wenn man einen eigenen Online-Shop hat und nicht unbedingt auf diesen Marktplätzen unterwegs sind, da muss man sich dann schon selber mit anstrengen. Welche Herausforderungen sind denn jetzt da, um in Richtung Internationalisierung reinzukommen?
Christopher Henke: Also ich glaube, es ist wie bei vielen Dingen, ist es überhaupt erst mal sich das Trauen. Weil, also ich glaube einfach dieser Schritt zu sagen: Wir verkaufen jetzt über die deutschsprachigen Grenzen hinaus. Das ist glaube ich für die ersten schon eine riesen Herausforderung, da können genau das, was du gerade gesagt hast, ein Marktplatz ein toller Einstieg sein. Also wie kommt mein Produkt eigentlich im Ausland an? Vielleicht möchte ich noch gar nicht den großen Schritt mit einem eigenen Online-Shop, dass ich dann einen Relaunch mache oder eine Erweiterung. So, ich kann genau über solche Marktplätze, kann ich das auf jeden Fall schon mal antesten. Und dann, wenn es wirklich in die Internationalisierung geht, muss ich natürlich schauen: Funktioniert meine Logistik? Habe ich mit meinem Logistiker auch Verträge fürs Ausland? Oder bezahle ich mich dann auf einmal, vielleicht das Doppelte oder das Dreifache von dem, was ich vorher bezahlt habe, weil ich es einfach nie verhandelt habe, weil ich nie darüber nachgedacht habe? Die Sprache ist natürlich ein wichtiger Faktor, weil deutschsprachiger Raum ist mit Deutschland, Österreich, Schweiz, wobei die Schweizer als non-EU auch schon wieder ein Spezialthema ist, das geht noch einiger Maßen. Aber gerade im nicht-europäischen Ausland, da ist die Währung zwar ähnlich, oder in den meisten Fällen sogar zum Glück identisch, aber auch nicht das immer. Also gerade für mich als Nordlicht, Dänemark ist nur eine Stunde mit dem Auto weg, da komme ich mit dem Euro hinterhalb der Grenze nicht wirklich weit, da muss ich mir auch über solche Dinge Gedanken machen. Und das ist alles lösbar und das ist auch wirklich nicht schwer lösbar, nur man muss sich halt einmal damit beschäftigen und auch nicht gleich beim Thema Internationalisierung sagen: Nee, das ist Aufwand, da muss ich was Neues machen, das möchte ich nicht. Weil da ist natürlich so dieser Innovationsgeist, den du ja auch vertrittst und den du ja auch so voran bringst, das ist halt immer genau wichtig dafür.
Frank Rehme: Ach übrigens, wir teilen ja mit dir Einblicke, Trends und inspirierende Geschichten direkt aus der Welt des Einzelhandels und du kannst uns aber dabei unterstützen, diese Mission auch zukünftig vorzuführen. Und das Beste daran, du kannst uns helfen, ohne auch nur 1 Cent auszugeben. Dazu erzähle einfach deinen Kolleginnen und Kollegen von uns, abonniere unseren Newsletter und wenn dir gefällt, was du hörst, bewerte uns in deinem Podcatcher mit 5 Sternen. Deine Stimme zählt und hilft uns enorm. Für diejenigen unter euch, die unsere Arbeit auch finanziell unterstützen möchten, bieten wir verschiedene Unterstützer-Pakete an, die teilweise schon bei 1 Euro anfangen. Schon für sehr kleines Geld kannst du also dazu beitragen, unser Retail Innovation Radio am Laufen zu halten. Schau da auf unsere Webseite ins obere Menü bei „Unterstützer“. So, jetzt geht es aber weiter.
Ja, wenn wir jetzt mal anschauen, ich versuche jetzt mal so ein fiktives Beispiel mal rauszubringen. So, ich habe jetzt hier einen Laden, der sehr, sehr erfolgreich ist mit erzgebirgischer Weihnachtsschnitzkunst, Schwibbögen und Räuchermännchen und solche Dinge, die wir alle kennen, im deutschsprachigen Raum richtig gehypt, um Weihnachten herum geht die Post hier richtig ab. Das ganzen Jahr haben die Leute da an diesen Produkten gearbeitet und jetzt gehen die dann vor Weihnachten im Weihnachtsgeschäft so richtig durch die Decke. So, meine Decke ist jetzt letztendlich irgendwo erreicht. Jeder hat jetzt ein Schwibbogen und Räuchermännchen zu Hause und ich muss mir jetzt einen neuen Markt suchen. So, jetzt habe ich natürlich ein Produkt, was im deutschsprachigen Raum recht berühmt, bekannt, beliebt ist vor allen Dingen. Aber wenn wir jetzt mal so in Richtung Frankreich, Italien gehen, in denen so diese Kultur der Weihnachtsmärkte und so jetzt nicht unbedingt so verbreitet ist, wie sollte man da am besten vorgehen? Erst mal sortimentsmäßig und dann zweitens natürlich, welche Schritte muss man da eigentlich tun, um dieses neue Sortiment dann auch zu verkaufen?
Christopher Henke: Das ist natürlich sogar ein sehr, sehr schönes Thema, weil ich glaube, das Konstrukt deutscher Christkindl Market ist schon tatsächlich ein bisschen Exportschlager geworden. Also ich glaube, gerade wenn man und dadurch, dass Deutschland ja auch so wahnsinnig viele Grenzen ins umliegende Ausland hat, kann man da schon sehr, sehr gut auch einfach sehen, also die Holländer, die fahren durchaus gerne mal die eine Stunde oder die halbe Stunde nach Deutschland rein, kennen halt diese Christkindl Märkte und ich glaube, das ist eine unterschätzte Sache und das ist sogar auch gerade dein Beispiel, ein ganz, ganz tolles, weil die Konkurrenz wird es nicht geben, weil ich glaube außerhalb des Erzgebirges werden die nicht produziert und ich glaube, auch in Frankreich gibt es sehr wenige kleine Manufakturen, die das herstellen. Dementsprechend habe ich schon mal direkt eine Alleinstellungsmerkmal auch auf dem anderen Markt und muss dann einfach schauen, wie heute auch die Leute unterwegs sind. Also Social Media Marketing ist einfach auch im Ausland ein riesen, riesengroßes Thema, wo ich die Leute schon in meinen Shop leiten kann. Da ist dann natürlich wahnsinnig wichtig, wenn ich schon im Ausland unterwegs bin, die kaufen natürlich nicht bei mir im deutschsprachigen Online Shop. Also das heißt, die kommen in meinen Shop, erwarten okay, mal mindestens auf Englisch muss sein, wenn ich aber wirklich individualisieren möchte und wirklich für den Kunden da sein möchte, muss es auch in Landessprache sein. Also da helfen erstmal, wirklich behelfsweise, so ein Google Translator, der einfach über die komplette Website gelegt ist. Das ist nicht perfekt, aber es hilft zumindest erstmal, wenn man wirklich kostengünstig jetzt sofort oder innerhalb von einer Woche eine Lösung haben möchte. Sonst gibt das natürlich auch Übersetzungsbüros, die sowas alles übernehmen können, auch up to date halten können. Da ist AI auch ein großes Thema, das ist nicht perfekt, da muss noch mal ein Mensch drüber lesen, aber da kann ich mir zumindest Hilfe schaffen. Aber einfach damit ich meine Online-Präsenz für den Kunden überhaupt konsumierbar mache, weil da muss man auch so ehrlich sein, die meisten Franzosen sprechen einfach nicht Deutsch und wenn ich meine die beste SEO-optimierte Produktbeschreibung der Welt habe für mein Räuchermännchen, das wird der Franzose trotzdem nicht lesen können, egal wie gut oder schlecht die Suchmaschine damit umgehen kann. Das heißt, die Sprache ist einfach in meinen Augen immer der erste Schritt, den man umgehen muss, weil sonst lohnt sich das nicht, den Traffic auf die Website zu bringen.
Frank Rehme: Ja und vielleicht auch den Spirit hinterherbringen. Ich sage mal, wenn du jetzt hingehst und sicherst die Räuchermännchen.fr oder .it, dann musst du erklären, welcher Kultur das ganze entspricht. Der muss auf jeden Fall eine Seite davor geschaltet haben, was das bedeutet. Ich kenne das immer wieder so von Produkten, die so aus dem asiatischen Raum kommen, die wir teilweise gar nicht kennen, wo erst mal erklärt wird, wofür die denn in dem Land benutzt werden. Und dann werden die auf einmal interessant, weil du ein Storytelling um dieses Produkt herum machst. Das hat dann auf einmal ein Heritage und genau dieses Heritage zu spielen, das ist etwas, wo Leute sagen: Mensch, dafür bin ich gerne bereit, mal ein bisschen Geld auszugeben.
Christopher Henke: Ja und gerade das Thema ist ja auch noch so wunderschön, weil da geht es ja nicht um Nutzen, es geht nicht um praktisch, sondern es geht um ein Gefühl. Es geht ja um auf einem deutschen Weihnachtsmarkt zu stehen, bei Nieselregen, geht so ein lauwarmer Glühwein und dazu denn die Räuchermännchen, da gehört ja einfach wahnsinnig viel dazu und das funktioniert ja auch im Ausland.
Frank Rehme: Ja und jetzt kommt aber Folgendes: Wir wissen ja alle so ein Webshop, wenn ich den jetzt auf einmal internationalisieren von alleine, kommt da kein Traffic drauf. Ich muss den praktisch bespielen, auch nein, ich muss Social Media bespielen, damit wir irgendwo eine Umlenkung haben auf den Online-Shop. Das heißt, ich muss mir auch Gedanken darüber machen, wie ich denn diesen Online-Shop dann nach vorne bringen und da ist Social Media ein Faktor, aber vielleicht auch andere Dinge, dass ich so lokale Influencer irgendwo mit einbinde, die die Produkte dann auch mit vorstellen. So ein Online-Shop, nur alleine, weil der da ist, heißt es auch noch lange nicht, dass der gefunden wird.
Christopher Henke: Und das muss man natürlich auch bedenken und da muss man auch aufpassen, dass man die Leute, die man intern hat, auch nicht überfordert, weil natürlich, wenn ich zu meinem deutschen SEO Manager gehe, der kriegt vielleicht noch die größten Keywords und Ähnliches auf Englisch hin, aber spätestens bei Französisch, das wird halt einfach irgendwann schwierig und da muss auch lokale Expertise mit dabei sein. Da gibt es ja zum Glück auch Agenturen, die genau bei so einer Lokalisierung helfen und da auch unterstützt und da sollte man auch darauf zurückgreifen, weil bevor man es dann schlecht macht und nicht so viel Geld ausgibt, sollte man lieber noch mal zwei, drei Euro mehr in die Hand nehmen und es dann wirklich auch vernünftig machen, weil sonst ist ja auch Proof-of-concept gar nicht sinnvoll möglich.
Frank Rehme: Absolut nicht. Ja, wenn ich jetzt aber vor der Entscheidung stehe, ich internationalisiere, ich laufe los. Da kann ich ja nicht irgendwie sagen: Gut, ich war jetzt so oft in Frankreich im Urlaub, ist ein tolles Land, da will ich jetzt auf einmal hin. Sondern das sollte schon nach ganz klaren Kriterien gehen. Also Marktbeobachtungen, wie relevant könnte dieses Produkt für den Markt sein. Wie geht man denn da am allerbesten vor? Habt ihr da Erfahrungen irgendwo in dem Bereich?
Christopher Henke: Ja, absolut. Also mein absolutes Lieblings-Tool genau für solche Analysen sind schon mal similarweb. Also similarweb analysiert ja den Website-Traffic, den man auf der Website hat, weil das ist natürlich das einfachste. Vielleicht gibt es ja, vielleicht muss ich gar nicht so wahnsinnig viel Traffic generieren. Vielleicht ist ja schon Traffic da, den ich einfach nur noch konvertieren muss. Dann kann ich mir da vielleicht schon mal den ersten, den einen oder anderen Euro als Vorabinvest mit sparen. Denn natürlich, wenn ich auch schon davon das unterstelle ich jetzt im Jahr 2024 einfach mal, dass schon Social Media Präsenzen da sind, dass man schon mal schaut, Followerschaft-Analysen: Wo kommen meine Follower eigentlich her? Wo ist die Basis vielleicht schon da, von wo man abspringen kann? Und vielleicht gibt es auch jetzt heute schon Bestellungen, weil nur weil ich meine Website nicht auf französisch eingestellt habe oder nicht zur Verfügung stelle, heißt es ja trotzdem nicht, dass Franzosen nicht bei mir bestellen können. Das heißt, vielleicht ist eine kleine Analyse im ERP, ergibt vielleicht schon so eine kleine Länderauswertung und ich sehe: Ich habe vielleicht schon 2-3% Bestellungen pro Jahr schon direkt aus Frankreich. Das heißt, vielleicht bin ich da doch schon weiter, als ich es mir vorab gedacht habe und kann das Ganze wirklich nur noch weiter ausbauen. Ich habe sogar vielleicht schon die ersten Customer-Voices, die ich direkt mit als Testimonial mitnehmen kann oder die ich sogar vielleicht auch einfach befragen kann. Dass ich sage: Hey, ich habe einen 50 Euro Gutschein für dich, dafür bräuchte ich dich mal eine Stunde am Telefon, um einfach mal so ein bisschen zu fragen: Wie könnte ich dir und Freunden in deiner Umgebung das Bestellen dann noch leichter machen?
Frank Rehme: Ach übrigens, wusstet ihr, dass unsere Autorinnen und Autoren auch für Vorträge, Beratungen oder Expertengespräche zur Verfügung stehen? Wenn ihr also tiefere Einblicke in die Zukunft des Handels wünscht, seid ihr bei ihnen genau richtig. Und wenn ihr vor Herausforderungen bei der Transformation im Handel steht, ist unser Partner, die GMV Team GmbH bereit, euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Zögert nicht, Kontakt aufzunehmen, einfach hier an . Kommt immer an. Danke, dass ihr Teil unserer Community seid. Jetzt geht es aber weiter.
Jetzt bist du ja zufälligerweise auch bei der Firma Mollie angestellt und ihr seid ja da auch ziemlich gut unterwegs, was so Daten über solche Käufe und so weiter angeht. Ich glaube, ihr wärt doch da mit einer der ersten Ansprechpartnern, die man mal fragen könnte: Wo laufen eigentlich die Zahlungen oder wo kommen die Zahlungen her, die Kunden bei mir so generieren? Und dann hättet ihr schon vielleicht schon Profile von Ländern, auf denen man bereits schon präsent ist, oder?
Christopher Henke: Ja, auf jeden Fall. Also ich meine, das ist bei uns genau, also ich meine Zahlungsdaten geben wahnsinnig viele Informationen preis, aber gerade das Land, woher gekauft wurde, das ist doch denn meist das einfachste, am einfachsten Auszuwertende. Das lässt sich bei uns mit einigen Klicks einfach in einem Excel-Sheet exportieren. Und ich sage mal, noch viel einfacher, an solche dann solche Daten ranzukommen, wird es einfach nicht. Und dann ist bei uns auch noch der große Vorteil dadurch, dass wir selber gemacht haben, wir sind ganz ehrlicherweise nicht aus Deutschland, sondern aus den Niederlanden internationalisiert. Das heißt, wir haben von da aus die Expertise, aber ich sage mal, das Rezept ist ja doch ähnlich und können da auch einfach den Kunden unterstützen, genau so was voranzutreiben. Also mein Lieblingsbeispiel dafür ist immer KoRo, die Online-Drogerie, die wirklich mit uns eine Zeit lang, jetzt hat sie fast, haben sie fast komplett Europa abgedeckt, aber wirklich jeden Monat in neuen Markt mit uns gelauncht sind und wir da einfach einen tollen Austausch haben konnten. Wir hatten schon zig Kunden, die in diesem Markt expandiert sind, dass waren die Top 5 Learnings, dass waren vielleicht zwei Fehler, die gemacht wurden, spart euch die doch einfach und genauso macht es riesig Spaß, davor anzukommen und auch gegenseitig sich einfach zu helfen bei der Internationalisierung.
Frank Rehme: Das erstaunt mich jetzt so ein bisschen. Also ich kenne bis jetzt so Zahlungsdienstleister, die machen ein transaktionales Geschäft. Und jetzt höre ich auf einmal von dir, dass ihr so auch unterwegs seid in Richtung ja, ich sage mal, Support, Coaching, Consulting in diese Ecke. Also ihr seht eure Kunden wahrscheinlich wesentlich, als wesentlich mehr als nur einfach jemanden, für den ihr in irgendeinem Auftrag irgendwelche Transaktionen erfüllt, ne?
Christopher Henke: Ja, definitiv. Also ich meine, es gibt solche Anbieter, die haben auch sicherlich ihre Daseinsberechtigung, weil es gibt viele Unternehmen, die haben extrem gutes Payment-Wissen in Haus und auch ein extrem gutes internationales Wissen in Haus. Also ich sage mal, Zalando, Otto, die haben Experten, die haben auch Geld, sich Experten ins Haus zu holen, um so was zu begleiten. Da stehen ja die meisten nicht unbedingt da und suchen ja händeringend nach jemandem, der einfach nur mal für 20 Minuten am Telefon einfach mal so die Top 3 wichtigsten Dinge besprechen kann, die man da einfach machen kann. Und das ist für uns super, super wichtig. Also wir sind auch, sehen uns da als Wachstumspartner, wir sehen uns nicht als reiner, ja, als reine Datenschnittstelle, wir sehen uns auch nicht als reine API, die man benutzen kann, es geht natürlich auch, wir zwingen niemanden mit uns zu reden, da sind wir auch ganz weit vorn weg. Aber wenn jemand beraten werden möchte und wenn jemand einfach Fragen hat, dann stehen wir damit einfach zur Verfügung. Und das machen wir durch E-Commerce-Reports, die wir veröffentlichen. Wir sind so für Gespräche, also auch wirklich 1:1 mit Kundenberatern einfach zur Verfügung. Aber auch unsere Website ist schon ein riesiger Fundus von Tipps und Hilfen, wie man da internationalisieren kann.
Frank Rehme: Die verlinken wir natürlich hier auch in den Show Notes. Aber ich komme noch mal zurück hier auf unsere Erzgebirgsschnitzerei. Die ziehen, lassen wir jetzt mal komplett durchziehen. Also die haben jetzt hier unser Podcast gehört und sagen: Mensch, ich will jetzt auch nach Frankreich, Italien expandieren. Was sind die Schritte, die die jetzt tun müssen?
Christopher Henke: Ja, also wie schon vorab gesagt, also das allererste ist erstmal ja den Traffic auf die Website beziehen. Wenn ich das, aber das gehe jetzt einfach mal davon aus, so die ersten Schritte wurden da gemacht, weil da bin ich auch ganz ehrlich, da bin ich als Zahlungsdienstleister auch sicherlich nicht die allerbeste Ansprechperson für: Wie bekomme ich neuen Traffic auf meine Website? Sondern ich bin der Experte dafür: Wie konvertiere ich den Traffic, den ich auf die Website bekommen habe, auch bestmöglich? Und da ist natürlich auch Lokalisierung einfach das A und O, weil wir Deutschen, wir haben unsere ganz bestimmte Art und Weise, wie wir gerne bezahlen. Da sind wir auch etwas eigen, also ich glaube, der Rechnungskauf und auch die SEPA-Lastschrift ist nirgendwo so groß wie in Deutschland, die Nachfrage. Auch PayPal sind wir der zweitgrößte Markt hinter den USA weltweit, was die Nutzung angeht. Das heißt, wir haben auch ein sehr diverses Feld von Zahlungsarten. Das ist in anderen Ländern anders, aber zum Glück deutlich einfacher. Also mit Deutschland haben die meisten Händler schon den schwierigsten Payment-Markt geknackt. Wenn ich da ins Ausland schaue, Frankreich mit der carte bancaire, einfach einen Anteil von über 50 Prozent, die Niederlande mit iDEAL über 90 Prozent, Belgien mit Bancontact über 60 Prozent, da sind einfach so viele einfachere Player am Markt, die man einfach nur kennen und anbieten muss. Da gibt es gar nicht so wahnsinnig viel zu tun, wenn man den richtigen Partner an der Hand hat. Zwinkern wir natürlich, sonst würde ich das ja nicht sagen, aber da gibt es einfach viele Dinge, die man beachten muss neben der Sprache und dem Versand, dass man auch wirklich die richtigen Zahlungsarten anbieten kann, damit der Kunde auch wirklich bezahlen kann. Und da muss ich natürlich auch immer doll aufpassen, damit ich nicht einfach alles für jeden anzeige, weil sonst, ich meine, wir beide, wir kaufen dann natürlich auch bei dir Räuchermännchen ein und wir wollen dann natürlich auch bezahlen, wenn mir aber iDEAL oder carte bancaire angeboten wird, das ist zwar schön, aber damit kann keiner von uns bezahlen, weil also ich habe keine französische Kreditkarte zu Hause, ein iDEAL-Account habe ich auch nicht. Dementsprechend ist es da einfach wahnsinnig wichtig, dass auch wirklich zu clustern sein, dass ich sage: Für Frankreich gibt es folgendes Set an Zahlungsarten für Deutschland, jenes Österreich, das weitere. Das ist einfach unfassbar wichtig, dass man sich damit beschäftigt. Und das Gute ist, der Zahlungsmarkt, was die Zahlungsarten angeht, der ändert sich jetzt auch nicht alle zwei Wochen, sondern da reicht es, wenn man einmal im Jahr reinguckt, sich es anschaut: Okay, bin ich noch auf dem aktuellsten Stand? Im besten Fall spreche ich einmal mit meinem Zahlungsabwickler: Passt noch alles? Bin ich wirklich gut aufgestellt? Habe ich für alle meine Märkte das Richtige da oder kann ich noch irgendwo optimieren? Das ist natürlich einfach das, was man jedes Jahr machen muss, aber man muss es nicht alle zwei Wochen.
Frank Rehme: Ja, stimmt. Ja, also zusammengefasst jetzt nochmal: Der E-Commerce-Umsatz stagniert, geht zurück. Ich glaube, der wird sich auch so schnell nicht wieder auf die positive Achse bewegen, weil wir reden hier auch über gesättigte Märkte, in die wir reinverkaufen. Viele Menschen haben die Produkte alle schon im Schrank liegen, die wir eigentlich da anbieten. Hinzu kommt natürlich auch so eine Unsicherheit wie geht es mit dem Energiepreis weiter, Inflation und solche Sachen alle. Und wir sehen ja auch an den Zahlen vom Handelsverband Deutschland, dass momentan erstmalig seit, glaube ich, zwölf Jahren in Folge, auf einmal eine Konsumzurückhaltung da ist. Trotz aller Krisen, die wir bis jetzt so alle hatten, Euro-Krise, Flüchtlingskrise und Immobilienkrise, haben wir trotzdem immer irgendwie eine positive Kauflaune behalten. Das hat sich jetzt erstmalig geändert. Und ich glaube, da muss man sich auch so ein bisschen darauf einstellen und die gute Antwort der Händler kann in Richtung gehen, dass man internationalisiert.
Christopher Henke: Haben wir aber noch Zeit für einen ganz kleinen Geheimtipp?
Frank Rehme: Ja, natürlich. Geheimtipps sind immer gut, aber wenn du den jetzt raushaust, ist der nicht mehr geheim. Aber das lassen wir mal unter uns dann. Erzähl mal.
Christopher Henke: Genau, wir sind ja nur wir Beide. Es sind ja nur wir Beide hier.
Frank Rehme: Ja. Richtig.
Christopher Henke: Also die Schweiz ist für mich immer noch so ein Thema, was bei wahnsinnig vielen Leuten zu Hände über dem Kopf weglaufen führt. Aber die Schweiz macht es sogar seit Anfang des Jahres den Händlern deutlich leichter, auch dahin zu expandieren. Also selbst wenn die, viele Leute sagen: Die Internationalisierung haben wir schon angestoßen, aber die Schweiz lassen wir bewusst aussen vor. Seit Anfang des Jahres wurden die Zölle deutlich, deutlich reduziert. Also für die meisten normalen Retail- und Handelswaren wurden die Zölle auf null geschraubt. Die Mehrwertsteuer liegt deutlich niedriger in der Schweiz, gepaart mit einer höheren Kaufkraft. Das heißt, im Normalfall bin ich in der Lage meine Produkte, die ich einfach sowieso schon habe, deutlich teurer oder höher margig ich in die Schweiz zu verkaufen, dass selbst wenn die eine oder andere, der eine oder andere Extraaufwand noch anfallen sollte, kann ich das durch eine Supermarge so sofort wieder reinholen. Das heißt, wer bis zum Ende 2023 zu Recht gesagt hat: Ach, die Schweiz ist vielleicht nicht so das richtige Land für mich, für die Expandierung, 2024 ist definitiv besser, sich das nochmal in Ruhe anzugucken und dann natürlich auch die Bezahlungsart TWINT anzubieten, die mit Abstand beliebteste, da führt kein Weg dran vorbei.
Frank Rehme: Ja, also fluten wir jetzt die Schweiz mit deutschen Räuchermännchen und Schwibbögen. Ja, vielen Dank nochmal Christopher Henke von Mollie. Alle Informationen dazu nochmal hier in den Show Notes, die stellen wir noch mal rein und ich danke dir für deine Zeit. Vielen Dank.
Christopher Henke: Sehr gerne.
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