Thalia will Content-, Service- und Erlebnis-Lieferant werden
In ihrem 99. Geschäftsjahr konnte Deutschlands größte Buchhandelskette Thalia den Umsatz leicht steigern. Trotz eines Umsatzrückgangs von 1,6 Prozent im stationären Handel, schloss Thalia dank des Online-Geschäfts mit schwarzen Zahlen. Nun will Thalia sich neu positionieren.
Verlage und Buchhandel geraten zunehmend unter Druck, denn zum ersten Mal in der Geschichte des Buchhandels gehen dem Markt Kunden verloren. Die Gründe für den Käuferschwund sind vielfältig, einige sind von der Branche selbst verschuldet, andere dem veränderten Zeitgeist zuzuschreiben.
Thalia will nun gegensteuern, wie CEO Michael Busch ausführt: „Jetzt müssen wir den nächsten Schritt gehen – und zu einem Content-, Service- und Erlebnis-Lieferant werden, um für die Menschen auch in Zukunft relevant zu bleiben.“ Werfen wir also einen Blick darauf, was Thalia vorhat:
Neupositionierung der Marke Thalia
Mit der Kampagne „Welt, bleib wach“ ermutigt Thalia, das heutige Medienverhalten zu reflektieren. Der Buchhändler hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen wieder für das Lesen zu begeistern – und das nicht alleine, sondern im Schulterschluss mit Verlagen, Autoren und Institutionen. Die Kampagne ist im September diesen Jahres gestartet und soll in der Vorweihnachtszeit ins TV verlängert werden. Ziel sind 360 Millionen Kontakte.
50 Prozent Geschäftsanteil an Skoobe
Im Rahmen einer Kapitalerhöhung wird Thalia 50%-Mitgesellschafter von Skoobe, einem Anbieter einer eBook-Flatrate. Thalia Kunden erhalten damit, neben Thalias Flatrate-Angebot tolino select, Zugang zu einem weiteren E-Book-Abonnement. Das Vorhaben steht noch unter dem Vorbehalt der Kartellgenehmigung.
Tolino auf Erfolgskurs
Der Markt mit digitalen Büchern entwickelt sich aus Sicht von Thalia weiterhin positiv. Erstmals konnte die Branche 2018 innerhalb von sechs Monaten mehr als 100 Millionen Euro mit E-Books umsetzen. Mit rund 22 Prozent liegt der Thalia Marktanteil am deutschen E-Book-Markt stabil auf dem hohen Vorjahresniveau. Auch die Zahl der E-Reader-Besitzer steigt weiter an. Aktuell besitzen 8,8 Millionen Deutsche (Zahlen der GfK, 1.HJ 2018) ab 10 Jahren einen E-Reader – rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr.
Mehr stationäre Filialen
Die ersten Buchhandlungen nach dem Marken-Relaunch eröffnen im Zeitraum zwischen 15. und 22. November 2018 in Hagen, Düsseldorf und Leipzig. 2019 wird in Wien, am Standort Mariahilfer Straße, die erste österreichische Thalia Buchhandlung im neuen Look eröffnet.
Michael Busch: „Unsere Buchhandlungen sollen noch mehr als bisher zu lebendigen Treffpunkten in der Nähe werden, um Menschen wieder vermehrt in die Innenstädte zu locken. Wir investieren massiv, um den Buchhandel im deutschsprachigen Raum flächendeckend zu erhalten.“ Im vergangenen Geschäftsjahr hat Thalia zwölf Buchhandlungen eröffnet oder übernommen.
Die Gestaltung der Läden soll die Kunden zum Verweilen anregen, leichter und freundlicher werden.
Services vor Ort
Die persönliche Beratung vor Ort ergänzt der Buchhändler zukünftig durch einen Service, der durch die Music Playlists von Streamingdiensten inspiriert wurde: So kuratieren neben den Thalia Buchexperten auch Autoren, Blogger, Prominente oder lokale Institutionen ihre individuellen Empfehlungen als Thalia Bücher-Listen.
Als ein Beispiel für einen einfachen und spielerischen Einkauf sieht Thalia die kürzlich flächendeckend eingeführte App, über die sich Beratung und Bezahlung direkt am Bücherregal abwickeln lassen. Hierfür hat das Unternehmen alle Buchhandlungen mit Tablet-PCs ausgestattet. Außerdem haben Kunden die Möglichkeit, über die Thalia App ihren Lieblingsbuchhändlern zu folgen oder E-Books direkt vor Ort zu erwerben. Aktuell testet Thalia zudem eine rund um die Uhr verfügbare Abholstation für Bestellungen, denn bereits heute wird schon jedes fünfte online bestellte Buch in der Buchhandlung abgeholt – mit steigernder Tendenz.
Mehr Eigenständigkeit der Händler
Thalia optimiert auch sein Angebot im Book- und Non-Book-Sortiment: Über das Jahr verteilt bieten acht Themenschwerpunkte künftig neben Büchern auch exklusive, auf das Buchsortiment abgestimmte Produkte und Geschenke. Zugleich erhalten die einzelnen Buchhandlungen mehr Freiraum, um das eigene Profil und somit auch ihr Sortiment zu schärfen. So können die Läden auf lokale oder regionale Besonderheiten und Vorlieben eingehen.
Thalia setzt stark auf seine Eigenmarke. Was im vergangenen Herbst mit der Peanuts-Kollektion begann, wird im anstehenden Weihnachtsgeschäft konsequent fortgeführt. Die Kollektionen im Non-Book-Segment, etwa Geschenke und Papeterie, werden in ein übergreifendes Weihnachtskonzept eingebettet. Das besteht zu einem Großteil aus Produkten, die exklusiv bei Thalia erhältlich sind. Dafür wurden namhafte Marken als Partner gewonnen, darunter etwa die weltbekannte Firma Steiff.
Aktive Leseförderung
Thalia hat sich im Rahmen der neuen Positionierung „Eine Welt, in der Inhalt zählt“ zum Ziel gesetzt. Mit der Kampagne Mittwoch ist Lesetag soll ein Ritual etabliert werden, das Lesezeit im Alltag schafft. Rund 450 Veranstaltungen wird es alleine anlässlich des neuen Lesetages bis November geben.
Fazit
Thalia verknüpft Online- und Offline-Angebote (App, Click&Collect etc.) und wird in der Sortimentsgestaltung lokaler, was den Kundenwünschen entgegen kommt. Sie bauen das Empfehlungsmanagement aus und versuchen, die Verweildauer in ihren Filialen durch ein erweitertes Angebot und eine verbesserte Gestaltung zu verlängern. Darüber hinaus versuchen sie, das „Erlebnis Buch“ ansprechender zu inszenieren. Damit ist Thalia auf einem guten Weg und wir sind gespannt, wie diese Aktivitäten sich zukünftig entwickeln werden.
Ob Thalia sich dem Käuferschwund damit wirklich entgegenstemmen kann, muss zum heutigen Zeitpunkt offen bleiben. Vielleicht wissen wir in 12 Monaten schon mehr.
Beitragsbilder: (C) Thalia
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