Vergleichende Werbung mit Handelsmarken – Gute Idee?
Ich habe an anderer Stelle bereits die Auswirkungen der Listung von Markenartikeln bei Discountern hingewiesen. Nicht nur der Marktpreis an sich sinkt, sondern auch die Bedeutung der Marke im Markt leidet, wenn ein Produkt verschleudert wird. Ganz abgesehen von der Wertevernichtung, die damit einhergeht. Schauen wir nun einmal auf vergleichende Werbung mit Markenartikeln.
Was aber jetzt zu beobachten ist: Ein Phänomen, dass scheinbar so nicht geplant war: Die Marken, mögen sie noch so preisreduziert angeboten, werden – sicherlich ungewollt – zum Pushen von Handelsmarken eingesetzt.
Ein aktuelles Beispiel ist Lidl, das sehr prominent seine Eigenmarken neben dem Markenprodukt positioniert (siehe Beitragsbild). Sicherlich ist es gut gemeint, aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.
Die Ursprungsidee war sicherlich, dem Shopper zu zeigen, dass man nicht nur im Handelsmarkenportfolio, sondern auch im Markensegment sehr leistungsfähig ist. Soviel zur ausgesendeten Nachricht.
Werbung wirkt, aber manchmal nicht so wie gewollt.
Bekanntlich aber macht der Empfänger die Nachricht, und die betrachten wir nun mal aus seiner Sicht. Denn beim Shopper kommt etwas ganz anderes an, wenn man es durch die Neuromarketing-Brille anschaut.
Generell ist eine Gegenüberstellung IMMER ein Vergleich. Hier mal eine Gegenüberstellung aus dem letzten Jahr, die wir zur ersten Kampagne bereits unternommen haben. Schreibt man dann noch den Satz „Du hast die Wahl“ darüber, ist das ein sogenanntes „Call to Action“.
Man appelliert an den Betrachter sich zwischen den beiden zu entscheiden. Bildet man dann auch noch auf rotem Untergrund (mehr Signalfarbe geht nicht mehr) einen weit über die Hälfte günstigeren Preis an, ist das Signal an das Gehirn des Käufers in Millisekunden gefällt.
Auch der Hintergrund (schwarz/weiß) suggeriert nicht die Graustufe der Entscheidungsfindung, sondern sofort die Aufforderung, sich für eine Seite zu entscheiden.
Was ist hier aus Neuromarketing Sicht nun passiert? Das Markenprodukt, das mit dem angegebenen Preis (auch wenn es mit 1,25 Litern ein unübliches Gebinde ist) sicherlich einen günstigen Marktpreis darstellt, wird im Auge des Betrachters als teure Variante dargestellt, auch wenn es absolut gesehen nicht so ist.
Ein Preis ist meistens erst einschätzbar, wenn man eine Referenz dazu hat, und das ist hier auf dem Cover gegeben. Ein schwieriges Terrain für vergleichende Werbung.
Schauen wir aber mal ins Innere der Beilage: Das gleiche Muster wiederholt sich, schwarz weiß mit übergroßem Preis auf rotem Grund. Was ins Auge sticht: Bei 4 von 6 Produktvergleichen hat die Verpackung sogar den gleichen Color-Code, ist also dem Original zwar nicht zum Verwechseln, aber doch sehr ähnlich.
Was mich wundert: Eines der Kernthemen des Handels und der Konsumgüterindustrie im Bereich Shopper Marketing, nämlich die Integration neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in das tägliche Business, scheint hier bewusst oder fahrlässig ignoriert worden zu sein.
Wie kommt man dann zum Ziel?
Aber wie hätte man das scheinbare Ziel, seine Preiskompetenz bei Handelsmarken und Brands zu zeigen, denn besser erreichen können? Zuerst müsste in jedem Fall die direkte vergleichende Werbung verschwinden. Man könnte, wenn es denn schon auf einer Seite gezeigt werden muss, in jedem Fall verschiedene Kategorien nebeneinander stellen: Cola mit Butter, Fischstäbchen mit Zahnpasta.
Und wenn man dann trotzdem Vergleiche aufzeigen möchte, dann nicht mit Produkten aus dem eigenen Hause, sonder dann mittels GFK Panel den üblichen Marktpreis dagegen spiegeln. Das zeigt dem Kunden dann wirklich, warum er kommen soll. Generell macht es aber mehr Sinn, die Segmente Discount und Marke im Prospekt getrennt abzubilden.
Sollte aber der Controller in mir aufwachen, dann betrachte ich die Anzeige komplett anders: Wie ist die Spanne auf Coca Cola, und wie hoch ist die der Freeway Cola? Unter dem Aspekt kann man dann evtl. die Gestaltung der Anzeige verstehen. Aber Controller machen ja keine Werbung, daher bleibt es weiter spannend!
Fotos: Frank Rehme
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