[Kommentar] Verdi der Jobkiller: Bewahren statt gestalten.
Es schlug ein wie eine Bombe: Köln hat alle verkaufsoffene Sonntage in diesem Jahr abgesagt. Der Hauptausschuss des Rates hat sämtliche 36 Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntage in Köln für 2017 zurückgezogen. Der Anlass ist, dass die Gewerkschaft Verdi bereits erfolgreich geklagt hat und weiter prozessieren wolle. Das Risiko sei zu hoch. Zugleich versucht die neue Landesregierung in NRW im Rahmen eines „Entfesselungspaketes für Bürokratieabbau“ die Anzahl der Sonntagsöffungen von 4 auf 8 rechtssicher zu verdoppeln, um Verdi keine Angriffsmöglichkeit zu geben.
Wieder einmal zeigen Gewerkschaften, dass sie nicht an der gemeinsamen Gestaltung von Zukunft interessiert sind, sondern eher an der Bewahrung des Vergangenen. Damit ist die Arbeitnehmervertretung aktiv an der Vernichtung von Arbeitsplätzen beteiligt, indem sie die notwendige Chancengleichheit des stationären Handels verhindert. Unter dem Vorwand der Interessenvertretung wird den Gewerkschaftsmitgliedern Sand in die Augen gestreut. Es werden Gewerkschaftsbeiträge nicht dazu genutzt, dass Funktionäre die Zukunft der Mitglieder stärken, sondern möglichst in alten Klassenkampfdenken Muster verteidigen, deren Wirksamkeit sich seit Jahren überholt hat.
Das Beatmen alter Strukturen gehören zum Programm
Ein vergleichbares Beispiel kenne ich aus meiner beruflichen Vergangenheit: Seit den 60er Jahren ist Bergbau in Deutschland unrentabel. Subventionen in Höhe von über 150 Milliarden € wurden in einen Wirtschaftszweig gesteckt, der absolut keine Zukunftsperspektive mehr hatte. Ich war dort 23 Jahre beschäftigt, mein Berufsleben war geprägt von Kurzarbeit und und Freischichten. Ein Bergmann kommt heute noch auf ca. 50 freie Tage pro Jahr, da man sie lieber einen Teil des Jahres zu Hause lässt als Kohle zu fördern, die pro Tonne mit über 100€ subventioniert wird. Zugleich steigen die Ewigkeitskosten, die für die Bergbaufolgen gezahlt werden müssen. Dieser Betrag ist absolut nicht abschätzbar, liegt aber bei weitem über die Subventionskosten. An dieser Entwicklung haben die Gewerkschaften einen großen Anteil, denn wegen der sog. Montan-Mitbestimmung haben sie einen großen Einfluss in dem Bereich. So wurde Vergangenheit bewahrt, eine große Chance der Zukunftsgestaltung war damit vertan. Japan hatte bis in die 70er Jahre auch eine große Bergbauindustrie. Man hat aber keine Subventionspolitik betrieben, sondern dieses Geld in Gestaltung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen investiert.
Diese Chance will man den Mitarbeitern im Handel verwehren. Das veränderte Kundenverhalten wird ignoriert, ebenso kann der Handel seine neue Aufgabe als Freizeitangebot nicht zu den Zeiten, an denen Verbraucher Zeit haben, verwirklichen. Das Internet hat immer geöffnet, und die Stores sind weltweit beheimatet. Das ist die Realität der aktuellen Handelswelt, der man sich stellen muss. Und das funktioniert nicht, in dem man seine Präsenz dem Kunden gegenüber beschränkt. Verkaufsoffene Sonntage sind weltweit akzeptiert, nur in Deutschland tun wir uns schwer.
Nicht, das es falsch verstanden wird: Würde es keine Gewerkschaften geben, würde ich noch heute am Tag eine gründen. Eine, die Verantwortung übernimmt, indem sie als wichtiger Teil der Gesellschaft aktiv Zukunft mitgestaltet. Eine, die ihren Mitgliedern gegenüber wahrhaftig ist und so die aktuelle Realität in diese Prozesse mit einbezieht. Schade, dass es so nicht gewollt ist.
Weitere Infos zum Thema Ladenöffnung im Relevant Retail Podcast.
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[…] Bereits im letzten Jahr haben wir uns schon mit dem Thema Öffnungszeiten beschäftigt, nachdem auf dem Handelskongress das Thema wieder entfacht wurde (Siehe auch den damaligen Post). In diesem Jahr hat sich die Situation aber deutlich zugespitzt, nachdem die Gewerkschaft Verdi per Klage viele Sonntagsöffnungen verhindert hat (hier der zugehörige Kommentar) […]
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