ZDE Podcast 203: Keine Angst vor ESG – Tipps Für den Handel
Environmental Social Governance – da denken viele an Berichtspflichten und Kennzahlen. Es geht natürlich um das Trend-Thema Nachhaltigkeit. Was kommt regulativ auf den Handel zu? Was können Unternehmen jetzt schon tun? Lea Ferstl und Laurent Hernández sagen es unserer Podcast-Host Marilyn.
Shownotes
Die Folge zum Nachlesen
Marilyn Repp: Hallo und herzlich willkommen hier bei einer neuen Ausgabe des Zukunft des
Einkaufens Podcast. Ich habe wieder tolle Expertin, einen Experten an Bord, nämlich die Lea und den Laurent. Heute unterhalten wir uns über das ganze Thema ESG.
Intro: Zukunft des Einkaufens, der Podcast für Innovation im Handeln.
Marilyn Repp: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des Zukunft des Einkaufens Podcast. Mein Name ist Marilyn Repp. Ich beschäftige mich mit Innovation, Trends und Digitalisierung im Handel seit vielen Jahren. Und hier kommen die Zukunftsgestalterinnen des Handels zu Wort. Hui, viele haben es schon gehört, ihr wisst alle: Da kommt was auf euch zu. Und heute wollen wir ein bisschen klären, ins Detail gehen und ein bisschen auch die Ängste nehmen, was da auf uns zurollt. Es gibt natürlich auch tolle Lösungen, tolle Anbieter, Beratung dafür. Und da steigen wir jetzt gleich ein in das Thema. Und ich begrüße meine lieben Gäste und Gästin, liebe Lea Ferstl. Vielleicht stellst du dich mal ganz kurz vor und dann machen wir gleich danach den Laurent.
Lea Ferstl: Super gerne. Vielen Dank für die Einladung. Wir freuen uns sehr, dass wir hier dabei sein dürfen heute. Genau, ich bin Managing Consultant bei TRUSTEQ. Ich bin hier für das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Und Marilyn, wir kennen uns ja aus meiner vorherigen Rolle. Ich war zuvor eher im Bereich soziale Nachhaltigkeit, also Diversity, Equity und Inclusion unterwegs. Ich hatte da schon recht viel auch mit Berichtspflichten für Unternehmen zu tun und habe auch mit verschiedenen Handelsunternehmen zusammengearbeitet. Und genau, deswegen freue ich mich sehr auf die Folge heute und auf unser Gespräch.
Marilyn Repp: Schön, dass du an Bord bist. Wir freuen uns auf deinen Input. Lieber Laurent, wer bist du? Was machst du? Was bringst du hier mit rein?
Laurent Hernández: Ja, vielen Dank, Marilyn. Auch von meiner Seite, dass wir die Möglichkeit haben, heute hier einen Beitrag zu leisten, finde ich super spannend. Ich freue mich auf das Format, auf unser Gespräch in den nächsten Minuten. Ich selbst bin Partner bei TRUSTEQ, verantwortlich für die Bereiche IT Strategie und Nachhaltigkeit. Habe selber das erste Mal so vor zwei, zweieinhalb Jahren mich intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst. Noch in einer alten Funktion, bei einer größeren Versicherung im deutschen Raum. Hat mich immer begeistert, das Thema, und damals entstand auch bei mir so der Wunsch, mich eher mit den operationalen und den Umsetzungsaspekten des Themas Nachhaltigkeit zu befassen und das ist auch das, was wir bei TRUSTEQ primär im Beratungsfokus haben. Und ja, ich freue mich, wenn wir in den nächsten Minuten auch viel über die Relevanz und die Auswirkungen auf Unternehmen im Handel dann auch zu sprechen kommen.
Marilyn Repp: Ganz genau. Also ihr seid Lösungsanbieter, ihr unterstützt bei dem ganzen Prozess. Ich glaube, das ist super wichtig, weil viele gar nicht wissen, wie sie das Thema anpacken sollen und vor allem, was da auch auf sie zurollt. Vielleicht könnt ihr das alles mal so ein bisschen umreißen, klarstellen, woher kommt der Need? Die ganzen Berichtspflichten, ich glaube, viele Unternehmen wissen schon, da kam schon viel und es kommt auch noch mehr auf sie zu. Wir sind ja mitten eines Transformationsprozesses in der Wirtschaft. Wir wollen alles grüner machen, grüner werden, nachhaltiger werden. Und da gibt es jetzt eben viele neue Vorgaben. Also was ist ESG? Was kommt da auf uns zu? Welchen Bezug hat das zu den Handelsunternehmen?
Lea Ferstl: Das sind jetzt ganz viele Fragen auf einmal. Ich würde sagen, wir starten einfach mal ganz am Anfang, weil wir eben jetzt auch diejenigen gerne abholen möchten, die vielleicht noch am Anfang der Thematik stehen mit ihrem Unternehmen. Was ist denn ESG überhaupt? Also ESG steht ja für Environmental, Social und Governance und umfasst quasi das gesamte Thema Nachhaltigkeit. Da zählen auch relativ viele einzelne Aspekte dazu. Und wir wissen auch, dass es für viele Unternehmen vielleicht noch ein Thema ist, wo sie, wie gesagt, relativ am Anfang stehen, aber man braucht da auch keine Sorge davor zu haben. Es gibt ja sehr viele Regulatorien. Da werden wir gleich auch versuchen, die so ein bisschen runterzubrechen und auf die insbesondere einzugehen, die auch für Handelsunternehmen am relevantesten sind. Aber vielleicht erstmal, warum ist ESG überhaupt ein Thema, das für Unternehmen relevant ist und vor allem auch für Unternehmen im Handel relevant ist? Es ist ja so, dass Handelsunternehmen schon eine besondere Stellung auch haben in der Wirtschaft, sage ich jetzt mal, weil Firmen, die in der Handelsbranche unterwegs sind, ja schon die Möglichkeit haben, auch einen starken Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Also zum einen auf die Gesellschaft, zum anderen ja aber auch auf die Umwelt durch ihr Wirken. Und neben dieser besonderen Stellung und vielleicht auch dieser Verantwortung, die Handelsunternehmen haben, ist es auch so, dass sie natürlich mit sich mit besonderen Anforderungen, sage ich jetzt mal, auseinandersetzen müssen, weil sie natürlich durch die Verbraucher und Verbraucherinnen eine sehr starke Stakeholdergruppe haben, die natürlich besondere Anforderungen mitbringt, weil Verbraucher und Verbraucherinnen ja auch immer mehr Wert auf nachhaltige Produkte beispielsweise legen. Und dann ist es so, dass Unternehmen natürlich vor der Herausforderung stehen und diese Herausforderung ist eventuell für Unternehmen im Handel nochmal größer, da einen, sage ich mal, einen guten Mittelweg zu finden, zwischen sich selbst als nachhaltiges Unternehmen aufzustellen und aber trotzdem ihre Wettbewerbsfähigkeit beizubehalten und vielleicht sogar Nachhaltigkeit dafür zu nutzen, um Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten und sogar auszubauen, weil man natürlich das Thema Nachhaltigkeit auch nutzen kann, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Genau. Und daneben, du hast es gerade schon erwähnt, Marilyn, ist es ja auch so, dass Nachhaltigkeit kein nice to have ist oder kein nice to do, sondern dass es wirklich auch viele, viele Berichtspflichten gibt, die gerade immer wieder aufkommen oder auch immer wieder neue Berichtspflichten, die insbesondere auch seitens der EU aufkommen. Und genau, da, wie ich gerade schon gesagt hatte, ist es super wichtig, dass man sich als Unternehmen nicht, sage ich jetzt mal, eingeschüchtert ist vor diesen vielen Berichtspflichten, denn so ging es mir am Anfang auch. Ich habe auch gedacht: Wow, das ist so viel, ich weiß gar nicht, wo soll ich anfangen? Wo soll ich irgendwie anfangen, nachzulesen und mir einen Überblick zu verschaffen? Was ist überhaupt relevant für welches Unternehmen? Und da kann ich schon sagen, es gibt auch viele Berichtspflichten und viele Regulatorien, die nur für bestimmte Branchen relevant sind. Also vielleicht, um das mal zu nennen, es gibt beispielsweise bestimmte Nachhaltigkeitsberichtspflichten, die nur für die Investmentbranche relevant sind. Und solche Berichtspflichten sind dann ja für die Handelsbranche gar nicht relevant. Und da muss man sich erstmal einen Überblick verschaffen, was ist überhaupt wichtig für uns? Und genau, deswegen haben Lauren und ich uns überlegt, dass wir gerne auf drei bestimmte Berichtspflichten eingehen möchten heute, die unserer Erfahrung nach besonders relevant sind für den Handel. Genau.
Marilyn Repp: Genau, schießt los. Was müssen die Unternehmen jetzt, also was kommt auf die zu? Gibt es da irgendwelche Daten, die man im Kopf haben muss, was, so ganz konkret?
Lea Ferstl: Genau, ganz kurze Übersicht. Ich glaube, die Berichtspflicht, die den meisten Unternehmen so im Kopf ist, wenn es um ESG geht, ist die CSRD, die Corporate Sustainability Reporting Directive. Seit Januar 2023 in Kraft, ist als Kernbestandteil des Sustainable Finance Package also im April 2021 verabschiedet worden. Und da geht es im Endeffekt darum, dass es bestimmte Berichtspflichten gibt für Unternehmen, um eben eine Transparenz zu schaffen für alle möglichen Stakeholder, mit denen Unternehmen in Kontakt stehen und um eben auch eine Vergleichbarkeit hinzubekommen. Also, dass ich als Konsumentin und aber vielleicht auch als Kunde oder als Geschäftspartner/ -partnerin eine Vergleichbarkeit habe: Wie nachhaltig ist denn dieses Unternehmen oder dieser Geschäftspartner wirklich? Da geht es um verschiedene Berichtspflichten, die eben diese drei Aspekte, das E, das S und das G beinhalten. Also, es geht zum Beispiel auch um die soziale Verantwortung, aber auch wie nachhaltig ist die Unternehmensführung? Welche Umweltauswirkungen gibt es, die das Unternehmen quasi betreffen? Und da gibt es ganz viele verschiedene Kennzahlen, die dann berichtet werden müssen. Und was da relevant ist, ist natürlich immer: Für wen gilt es überhaupt? Also gilt es für mich als Unternehmen überhaupt, muss ich berichten? Wann muss ich berichten? Es ist so, dass die CSRD insgesamt für alle Unternehmen gilt, die mehr als 250 Mitarbeitende haben, die einen Umsatz von über 50 Millionen Euro haben oder aber ein Gesamtvermögen von über 25 Millionen Euro. Das sind schon relativ viele, also das sind in Deutschland jetzt dieses Jahr schon über 50.000 Unternehmen, die berichtspflichtig werden und es ist aber so, dass da eine gestaffelte Umsetzung erfolgt, also über die nächsten Jahre. Und deswegen ist es eben so relevant, herauszufinden: Wann werde ich denn als Unternehmen berichtspflichtig? Ist es vielleicht schon nächstes Jahr oder vielleicht 27, 28? Und da können wir jetzt leider auch nicht sagen, das und das Unternehmen wird da und da berichtspflichtig, sondern das muss jedes Unternehmen für sich selber so ein bisschen herausfinden, wann die überhaupt berichtspflichtig werden.
Marilyn Repp: Wie geht das?
Lea Ferstl: Na gut, es gibt ja schon bestimmte Punkte, wie ich es gerade gesagt hab, es geht um die Mitarbeitendenzahl, es geht um den Umsatz und es geht um das Gesamtvermögen der Unternehmen. Und genau, danach kann dann eben einfach geschaut werden, wann man berichtspflichtig wird.
Marilyn Repp: Und wo gibt man die dann ab, die Berichte?
Lea Ferstl: Die Bericht, im Endeffekt, die gibt man nicht ab, sondern da ist es schon so, da hatten Marilyn und ich auch im Vorfeld mal kurz dazu gesprochen, es ist auch seitens des Staates alles noch nicht so ideal.
Marilyn Repp: Aha, ja, da sind wir wieder beim Punkt. Also bei uns im Podcast ist ja das Thema Digitalisierung und Technologie ganz vorne, weil Innovationen hauptsächlich durch Technologien eben getrieben werden.
Lea Ferstl: Absolut.
Marilyn Repp: Und ja, wir sagen natürlich den Unternehmen: Digitalisiert euch, Transformation ganz wichtig. Aber sehr viel wird dann eben auch von staatlicher Seite und behördlicher Seite irgendwie ein bisschen konterkariert. Und ja, interessanter Einblick, dass das alles noch nicht so ganz digital ist. Aber da wollt ihr auch unterstützen, wenn ich das richtig verstanden habe.
Laurent Hernández: Genau.
Lea Ferstl: Absolut.
Laurent Hernández: Da würde ich direkt gerne darauf eingehen. Also du hast völlig Recht. Das Thema Digitalisierung ist eines, was uns in Deutschland vielleicht schwerer fällt als in anderen Bereichen der Welt. Das ist, glaube ich, weiterhin bekannt und es ist auch egal, in welche Industrie man da reinguckt. Aber gerade beim Thema Nachhaltigkeit geht die Relevanz des Themas Nachhaltigkeit mit Digitalisierung sehr, sehr stark Hand in Hand. Das heißt, was Lea auch gerade beschrieben hat, diese CSRD ist ein sehr komplexes Regelwerk. Wir reden von über 1.200 Datenpunkten, die Unternehmen berichten müssen. Das funktioniert nur dann, wenn tatsächlich die Unternehmen auch in der Lage sind, diese Berichtspunkte oder diese relevanten Informationen auch effizient und an der Stelle halt eben weitestgehend digital aus ihren Geschäftsprozessen auch zu extrahieren. Und da tun sich natürlich Lücken auf. Das ist auch völlig normal. Das ist auch grundsätzlich erstmal nicht Schlimmes, weil einfach viele Unternehmensfelder in der Vergangenheit vielleicht nicht den Druck hatten, sich vollständig zu digitalisieren oder relativ autark ohne Anforderungen von außen existieren und agieren zu können. Und das verändert sich eben gerade durch die CSRD. Und am Ende des Tages muss man die CSRD auch erstmal als das sehen, was sie eigentlich, glaube ich, in ihrer Grundintention auch sein soll, nämlich in erster Linie ein Transparenzwerkzeug. Ein Transparenzwerkzeug für Unternehmenslenker, für Unternehmensentscheider an den richtigen Stellen im Unternehmen, die Stellschrauben in Richtung eines nachhaltigeren und effizienteren Wirtschaftens zu lenken. Kein Mensch, das ist jetzt meine Annahme, innerhalb der EU sagt: Wir legen jetzt den großen Unternehmen 1.200 Datenpunkte auf, weil uns gerade der Sinn danach steht. Es geht darum, dass man in Bereichen von Unternehmen und in der Art und Weise, wie Unternehmen geführt werden, andere Stellhebel, andere Transparenzmechanismen hat, um eben tatsächlich am Ende des Tages nachhaltigere Entscheidungen zu treffen, indem ich zum Beispiel sehr viel stärker die tatsächlich langfristigen Auswirkungen von gewissen Unternehmensentscheidungen bewerten kann. Ich glaube, das ist die Grundintention der CSRD, die, muss man wahrscheinlich auch fairerweise dazu sagen, in ihrer heutigen Ausprägung, ähnlich wie andere Regularien, vielleicht erstmal ein bisschen übers Ziel hinausschießt. Aber auch da wird sicherlich, wie soll man sagen, die Lebensrealität und die Lebenswirklichkeit auch in den nächsten Jahren Einzug halten. Und das, was man sozusagen im Gesamtkontext Unternehmen, Auditoren, Regulatoren an Erkenntnissen gewinnt: Was ist tatsächlich sinnvoll machbar? Was ist auch mit einem gewissen vertretbaren Aufwand machbar? Ich glaube, das wird sich auch entsprechend in weiteren Iterationen und weiteren Stufen der CSRD auch wiederfinden.
Marilyn Repp: Werbung. Ja, ihr findet das, was wir machen, gut bei Zukunft des Einkaufens. Wir machen das natürlich super gerne weiter kostenlos für euch und möchten euch an der Stelle bitten, uns fünf Sterne in den Podcatchern eurer Wahl zu geben. Ihr könnt uns aber auch ein paar Euro in den Hut werfen und Unterstützer oder Unterstützerin werden und zwar bei ZukunftDesEinkaufens.de auf der Webseite findet ihr einen Bereich „Unterstützer werden“. Oder völlig kostenlos, teilt unsere Inhalte in Social Media oder erzählt euren Kollegen, euren Kolleginnen oder euren Freunden von uns und unseren tollen Inhalten. Man kann mich und auch die anderen Autorinnen und Autoren bei Zukunft des Einkaufens auch buchen als Speaker. Ich spreche vor allen Dingen zu den Themen Trends, Digitalisierung, Technologien im Handel. Meine Themen sind die Zukunft des Handels und ich beschäftige mich da hauptsächlich mit den jungen Zielgruppen. Also was machen die so abgespacetes? Das Thema Metaverse, Web3, aber auch Künstliche Intelligenz, Gamification und Gaming, das sind so meine Themen. Ich gehe weniger darauf ein, was diese Technologie, also was dahinter steckt, wie die funktionieren, sondern ich spreche eher darüber, was sie können. Welche Tools gibt es? Welche guten Beispiele gibt es? Und welche Unternehmen machen schon was? Ich zeige viele Best Practices und jetzt viel Spaß weiter beim Podcast.
Okay, also das ist irgendwie alles noch ganz schön schwammig. Ich hätte mir da mehr ganz konkrete Klarheit gewünscht, aber die könnt ihr mir sicher auch nicht geben, weil es halt einfach nicht so ist. Also ich sehe, die CSRD ist so eine Art Nudging eigentlich, oder? Also die Unternehmen sollen angehalten werden durch eben die Berichtspflichten, die Nachhaltigkeitsbestrebungen umzusetzen. Weil wenn ich berichten muss, dann kann ich im nächsten Schritt mir auch überlegen, wie ich da mehr mache, weil dann kann ich mehr in den Bericht reinschreiben.
Lea Ferst: Es geht im ersten…
Laurent Hernández: So könnte man es sehen, genau. Ich glaube, es geht schon primär darum, dass Unternehmen Transparenz in Bereichen schaffen, wo sie vielleicht in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat oder nicht in der Form stattgefunden hat. Ich komme wieder zurück zu der Grundintention, da, wo Unternehmensführung nach nachhaltigen Prinzipien stattfindet, das ist auch, glaube ich, weithin ganz gut bestätigt an verschiedensten Beispielen entlang, agieren Unternehmen besser und vor allem halt auch stabiler gegenüber gravierenderen Auswirkungen von außen. Das heißt, die Unternehmen, die sich schon sehr früh mit der Umsetzung von Standards und von Anforderungen aus der Nachhaltigkeitsagenda, oder der Nachhaltigkeitstransformation beschäftigt haben, kommen besser mit den Einflüssen vom Markt aus der Gesellschaft klar und das ist auch das, was am Ende des Tages in der CSRD drinsteckt. Der Regulator sagt: Liebe Unternehmen, schaut euch ganz bewusst auch Bereiche an, die ihr vielleicht in euren heutigen Reportings, die eben sehr stark auf Financials gehen, schaut euch aber eben auch die Bereiche an, die non-financial sind, weil die tragen am Ende des Tages auch eben dazu bei, dass ihr als Unternehmen einfach stabiler dasteht, dass ihr besser mit unvorhersehbaren Veränderungen und Einflüssen klarkommt und damit am Ende des Tages einfach ein effizienteres, effektiveres und nachhaltigeres Wirtschaften möglich ist.
Marilyn Repp: Stichwort Resilienz an der Stelle. Wir haben ja in den letzten Jahren sehr viele Punkte gesehen, sei es jetzt eine Flut, Trockenheit, Hitze, aber natürlich dann auch ein Virus und eine Pandemie und so weiter und so fort, Inflation, Energiekrise. Also sehr viele Punkte, wo wir uns gedacht haben: Na ja, ein resilientes Geschäftsmodell ist relevant. Ja, und das ist ja wirklich auch ein Begriff, der jetzt irgendwie aufgekommen ist, Resilienz und irgendwie auch das, also sich auf verschiedene Krisen vorbereiten, einfach nachhaltiger agieren in allen Bereichen. Okay, habe verstanden. So, was macht ihr jetzt bei TRUSTEQ? Wie unterstützt ihr die Unternehmen?
Laurent Hernández: Also unser Tätigkeitsschwerpunkt ist relativ breit, muss man so dazu sagen, was aber halt einfach auch so ein bisschen an der Natur der Sache von ESG liegt. Also wer sich schon intensiver mit dem Thema befasst hat, wird einfach sehen: Es gibt unglaublich viele Dinge, mit denen man sich im Kontext ESG befassen kann. Da geht es um Nachhaltigkeitsstrategie, da geht es um Erfüllung von Berichtspflichten, da geht es um Digitalisierung im Unternehmen, da geht es um Operationalisierung und Umsetzung von Aktivitäten und Initiativen aus einer Nachhaltigkeitstransformation und entlang der meisten dieser Themen sind wir auch mit unserem Beratungsschwerpunkt unterwegs. Wobei wir schon, wie eingangs schon gesagt, auf der einen Seite einen sehr, sehr starken Fokus auf das Thema Operationalisierung legen. Also wie kommen Unternehmen tatsächlich dazu, in ihrer Aufbau- und Ablauforganisation, in ihrer IT, in ihren Netzwerken, sich so aufzustellen, dass sie diesen vielfältigen und sehr komplexen Anforderungen auch möglichst effizient gerecht werden können? Und das hat ganz viele unterschiedliche Ansätze. Das eine ist sicherlich rein organisatorisches, an der anderen Seite gibt es einfach auch viele Herausforderungen in der IT, in der Digitalisierung, für die es tatsächlich einfach auch innovative Lösungen braucht, aber für die es in erster Linie halt auch Lösungen braucht, die wirklich schnell greifen und die schnell funktionieren. Weil wie Lea ja auch schon eingangs erwähnt hat, wir sehen eine sehr, sehr große Zahl an regulatorischen Anforderungen, wir sehen einen sehr, sehr hohen Zeitdruck, der auch von den Regulatoren auf die Unternehmen ausgestrahlt wird und wenn man das ein oder andere Unternehmen kennt und sich mal mit einer IT-Transformation in einem größeren Konzern befasst hat, da reden wir nicht über ein, zwei Jahre, sondern da reden wir ja über so vier bis fünf Jahre und das ist aber die Zeit, die man halt eben nicht hat. Und hier glaube ich, können wir sehr, sehr gut unsere Erfahrungen und unsere Expertise auch mit reinbringen. Und auch das, was wir jetzt schon an guten Lösungen gebaut und gesehen haben, wie sich Unternehmen genau mit diesen Herausforderungen in der Digitalisierung möglichst gut und zielgerichtet auch befassen können. Und da sind für mich zwei ganz, ganz große Themen: Das eine ist das Thema ESG-Datenmanagement. Wir reden, wie schon eingangs gesagt, von einer ganzen Menge an Datenpunkten und Berater sagen immer ganz gerne: You can’t change what you can not measure. Aber das trifft insbesondere im ESG-Kontext ganz besonders zu. Das heißt, man muss wirklich in der Lage sein, relevante Kennzahlen zu eruieren und zusammenzuführen und auch so auswertbar zu machen, dass sich daraus auch entsprechend klare und umsetzbare Schlüsse ziehen lassen. Und da sehen wir bei vielen Unternehmen schon heute Herausforderungen, weil es selten Anforderungslagen gab, wo man in einer solchen Breite quasi einmal entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Unternehmen anfangen muss, Daten zu sammeln und Daten zusammenzuführen und in einen gemeinsamen Kontext zu bringen. In der Vergangenheit hatte man immer die Möglichkeit, sei es jetzt ein Financial Reporting oder für andere Vorgaben, dann doch recht siloartig unterwegs zu sein. Jetzt muss man mal überall reingreifen und das stellt schon einige Unternehmen vor größere Herausforderungen. Sowohl auf der Technologieseite: Hat man die richtigen Datenplattformen? Hat man die richtigen Mechanismen? Hat man sich ausreichend gut mit Themen wie Data Governance, Data Lineage und so weiter befasst? Aber halt eben auch was die ganze Organisation darüber angeht, ist es wirklich schon eine data savvy oder eine data ready Organisation, die man da oben draufsitzen hat oder muss ich nicht sozusagen auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nochmal viel investieren, damit ich sozusagen diesen klaren Datenfokus auch wirklich umsetzen kann? Und das zweite große Thema ist sicherlich jetzt im Bereich KI. Wir reden, wenn man von den 1.200 Datenpunkten spricht, in der CSRD von, ja, je nachdem wie man es auslegt, aber so plus minus 350, die tatsächlich quantitativ sind und alle anderen Datenpunkte sind qualitativ. Das heißt, da muss ein Unternehmen eher prosaisch beschreiben: Was sind denn die Intentionen? Was sind die Maßnahmen? Und da kennen wir jetzt alle die Möglichkeiten der generativen KI, die man hier natürlich ganz spannend auch zum Einsatz bringen kann. Das heißt, ich habe auch die Möglichkeit, mit einer KI nicht nur sozusagen spezifische Vorarbeiten zu leisten in so einer prosaischen Ausarbeitung, ich kann so eine KI auch ganz spezifisch auf eine Industrie trainieren. Ich kann so eine KI ganz spezifisch auch auf einen Duktus in der Unternehmenskommunikation trainieren. Wenn ich einer KI beibringen oder sagen kann: Pass mal auf, so schreiben wir als Unternehmen XY in unseren Pressemitteilungen, auf unserer Website, in unserer Stakeholderkommunikation, dann kann eine KI sozusagen das auch sehr gut aufnehmen und am Ende des Tages Inhalte produzieren, die auf der einen Seite thematisch eben zu dem passen, was ich eben berichten muss, auch die wesentlichen Aspekte erst mal abdeckt, die aber dann sozusagen auch so formuliert und so schreibt, wie das halt die Unternehmenskommunikation in dem Falle auch tun würde. Und daraus ergeben sich natürlich extrem viele Effizienzen und Synergien, die man jetzt in dem doch zeitlich sehr eingesteckten Feld ganz wunderbar zum Einsatz bringen kann.
Marilyn Repp: ChatGPT.
Laurent Hernández: Inner Nutshell.
Marilyn Repp: Wird da eingebunden?
Laurent Hernández: Genau, also was ChatGPT aber halt natürlich nicht kann, ChatGPT kennt die CSRD halt nicht. Und das ist so ein bisschen die Herausforderung und ich glaube, da können wir mit unseren Lösungsansätzen ganz gut helfen. Weil die KI, mit der wir arbeiten, die kennt eben die CSRD und die kennt die detaillierten Anforderungen und die weiß auch, was eine Wesentlichkeitsanalyse ist und die weiß auch, wie man entsprechend mit vernünftigen Inputdaten aus dem Unternehmenskontext so eine Wesentlichkeitsanalyse dann auch eben fokussiert und spezifisch für das jeweilige Unternehmen auch durchführen kann. Das kriegst du, wenn du bei ChatGPT dich einloggst in der Form nicht. Da kriegst du dann eher High Level generische Antworten.
Marilyn Repp: Ihr habt eine Gen-AI extra trainiert für das Ausspucken solcher Berichte?
Laurent Hernández: Zum einen mal für das ganze Thema Wesentlichkeitsanalyse, was ja der erste Schritt ist, überhaupt erst mal zu definieren: Welche Betroffenheiten habe ich denn tatsächlich im Unternehmen? Also sowohl aus der Innensicht als auch aus der Außensicht. Das ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Das heißt, ich muss auf der einen Seite bewerten können: Was habe ich sozusagen als Unternehmen nach außen hin Einfluss auf Umwelt, auf Gesellschaft und weitere Aspekte? Das ist der eine Teil der Wesentlichkeitsanalyse und der andere Teil der Wesentlichkeitsanalyse ist eben: Was haben Veränderungen, die von außen auf mich einwirken, tatsächlich Relevanz in meinem Geschäftsmodell? Wie betrifft mich ein klimatischer Wandel? Wie treffen mich Veränderungen in der Lieferkette? Und das sind natürlich alles Dinge, wo man eben heute eine KI sehr, sehr gut schon darauf trainieren kann, hier entsprechend diese Bewertungen auch vorzunehmen und dann in die tatsächliche Ausarbeitung der Berichte zu gehen, da kommen wir dann wieder rein in den Bereich der generischen KI, die dann auch eben in der Lage ist, prosaisch sowas dann auch wirklich gut vorzubereiten. Am Ende des Tages ist keine KI so gut, als dass sie den Bericht quasi auf Knopfdruck erstellen wird.
Marilyn Repp: Schade.
Laurent Hernández: Plug’n’play ist leider noch nicht. Aber no pain, no gain. Also so ein bisschen muss man dann doch nochmal der KI auch auf die Finger schauen oder vielleicht nicht auf die Finger, aber auf den Code schauen, dass da auch wirklich das Richtige bei rauskommt.
Marilyn Repp: Aber es macht natürlich schon vieles einfacher. Genau, Lea.
Laurent Hernández: Auf jeden Fall.
Lea Ferstl: Ja, das wollte ich gerade sagen. Das ist schon eine sehr große Hilfe, weil in meinem Netzwerk sind ja auch recht viele Nachhaltigkeitsmanager und -managerinnen und die sagen schon, so quasi vor Einsatz von KI, musste man alles händisch machen. Das war natürlich am meisten Arbeit. Aber auch jetzt viele KI’s, die da eingesetzt werden, machen das einfach auf einem Level, dass man so nicht verwenden kann, sondern dann ist da noch so viel Nacharbeit nötig, manuelle, das es schon eine sehr große Hilfe, wenn eine KI entwickelt wird oder eine KI zu benutzen, die quasi schon einen, sag ich jetzt mal, eine 90 Prozent Lösung zumindest ausspuckt und keine 30 Prozent Lösung.
Marilyn Repp: Genau. Also ich glaube, das wissen alle Menschen, die sich mal so ein bisschen mit den ganzen Tools beschäftigt haben. Ich meine, die allermeisten haben jetzt schon mal mit Chat-GPT gearbeitet und wissen, das kann man so nicht 100 Prozent verwenden, aber der Kampf gegen das weiße Blatt ist schon mal gewonnen. Also gerade bei Leuten, die eben schreiben müssen, da ist schon mal etwas da, was ich dann optimieren kann. Das ist ja was ganz anderes, als bei Null zu starten. Ist wirklich ein ganz großer Schritt getan und genau, das bietet ihr an der Stelle an. Jetzt möchte ich noch auf das Thema Praxis zu sprechen kommen. Ich habe euch ja den Auftrag gegeben, kramt doch mal bitte ein schönes Praxisbeispiel raus. Am liebsten natürlich aus dem Handel, aus dem mittelständischen Handel, das wäre jetzt mein Traum. Habt ihr denn sonst noch irgendwie ein cooles Best Practice an Bord?
Laurent Hernández: Magst du, Lea? Soll ich?
Lea Ferstl: Du kannst gerne mal aus unserer Unternehmenspraxis berichten, was wir quasi schon gemacht haben. Was ich allerdings bei meiner Recherche jetzt auch, weil Marilyn, ich habe noch mal bei gerade mittelständischen Unternehmen ein bisschen geguckt, weil ich habe zwar in meiner Vergangenheit auch ein paar größere Supermarkt-Ketten, sage ich jetzt mal, beraten, aber ich wollte noch mal im Mittelstand ein bisschen gucken und da fand ich sehr beeindruckend die Klamottenmarke Vaudé. Die machen ja quasi Klamotten und Equipment für Sport, insbesondere für Bergsport.
Marilyn Repp: Oh yes!
Lea Ferstl: Und die haben tatsächlich dieses Jahr auch zwei Nachhaltigkeitspreise gewonnen, weil die eine sehr umfassende Nachhaltigkeitsstrategie auf- und aber auch schon umgesetzt haben. Und ja, fand ich sehr beeindruckend. Da bin ich drauf gestoßen bei meiner Recherche, aber damit rüber zu Laurent.
Marilyn Repp: Die habe ich natürlich auch auf dem Schirm und die sind sehr sichtbar und machen das sehr gut und haben einen total krassen Fokus drauf. Also absolutes Must-Look-Beispiel.
Lea Ferstl: Genau, aber tatsächlich nicht nur sichtbar, weil das ist ja schon immer auch ein Thema Greenwashing, dass man eben nicht nur sichtbar ist als Unternehmen, sondern da auch wirklich eine Strategie dahinter steckt und genau, da kann man in dem Fall sagen: Nicht nur sichtbar, sondern auch tatsächlich was dahinter.
Marilyn Repp: Ja, absolut. Ja, das Thema Greenwashing soll ja jetzt auch regulatorisch noch stärker angegangen werden. Da bin ich auch nicht up to date, da seid ihr die Experten. Laurent, kannst du gerne noch mal kurz drauf eingehen?
Laurent Hernández: Ja, super gerne. Können wir gerne machen und dann gerne auch noch mal ein, zwei Beispiele aus der Praxis. Das Thema Greenwashing ist natürlich erstmal ein Begriff, der unglaublich negativ belegt ist, der aber durchaus seine Daseinsberechtigung hat, weil wie es halt immer so ist, wenn irgendwas in der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit stattfindet, dann gibt es halt leider immer irgendwie auch Ausnutzungserscheinungen. Das gab es eben beim Thema Nachhaltigkeit auch. Also wenn dann, keine Ahnung, Fluglinien damit werben, dass sie also ihre Flüge irgendwie kompensieren und dann liest man so mal ein bisschen im Kleingedruckten und hört von irgendwelchen Mangroven Wäldern irgendwo, Gott weiß wo auf der Welt, wo eigentlich tatsächlich ansonsten nicht viel CO2 entsteht, dann darf man schon ernsthaft die Frage stellen: Passt das irgendwie, wenn ich hier in Europa zwei, dreimal die Woche irgendwie durch die Gegend fliege und irgendwo in Südostasien wird von hier aus ein Mangroven Wald hochgezogen. Das ist nicht nichts, aber es ist halt sozusagen nicht sachgemäß. Und von den Beispielen gibt es tatsächlich sehr, sehr viele. Und hier ist die europäische Kommission auch entsprechend aktiv geworden. Es gab jetzt gerade vor zwei Wochen erst, die Veröffentlichung des ersten Referentenentwurfs zur sogenannten Green Claims Directive, die sich sehr, sehr, sehr gezielt mit dem Thema Greenwashing und entsprechend der Vermeidung befassen soll. Was diese Green Claims Directive im Wesentlichen umfasst, ist, dass Unternehmen nicht nur dazu angehalten, sondern auch ganz strikt entsprechend da überwacht werden, inwieweit also umweltbezogene Aussagen, die im Werbe- und Marketing-Kontext getätigt werden, tatsächlich einen falschen Eindruck entwickeln, entsprechend als Produkt oder als Dienstleistung umweltfreundlich zu sein. Und das Ganze ist entlang von sogenannten Seven Sins artikuliert. Das heißt, es gibt also sieben Sünden sozusagen im Greenwashing, denen man auferliegen kann. Ich möchte die jetzt auch ob der Zeit gar nicht alle sieben benennen. Aber das wird eine sehr restriktive Richtlinie werden. Also selbst wenn sozusagen, wenn man den Stand heute liest, dann denkt man sich: Puh, das wird so nicht umsetzbar sein. Aber wie es halt immer so ist bei Referentenentwürfen, da wird noch ein bisschen was passieren. Aber bis zur Veröffentlichung glaube ich auch nicht, dass das Blatt da komplett gedreht wird. Das heißt, es wird schon viele Unternehmen und gerade eben auch die im Handel sehr, sehr stark betreffen, mit welchen Werbebotschaften, mit welchen Informationen man tatsächlich rausgehen kann. Und wenn man dann sich entscheidet, mit Green Claims nach draußen zu gehen: Wie schafft man es dann tatsächlich auch genau, die geforderte Nachweispflicht auch zu erfüllen? Also dass ich wirklich auch belegen kann, dass das, was ich sozusagen mit meinem Claim postuliere, dass das auch tatsächlich eben genau so stattfindet. Also, ganz schönes Beispiel, ich sehe das hier jeden Morgen, wenn ich mit dem Fahrrad in’s Büro fahre: Grosse Litfasssäulen, da steht dann, ich sage jetzt nicht die Marke, aber da steht dann eine Bio-Limonade drauf mit einem schönen Bio-Label am Hals. Das wirkt natürlich erstmal total toll und dann guckst du irgendwie hinten auf die Zutaten drauf und dann liest du, dass da irgendwie anderthalb Prozent Bio-Zitronen irgendwie drin sind und die anderen 98,5 Prozent sind halt Wasser und Zucker.
Marilyn Repp: Lecker!
Laurent Hernández: Genau, das ist ein schöner Claim und das ist auch schönes Marketing. Aber genau solche Praktiken würden unter der Green Claims Directive zumindest mal unter Stress geraten, sagen wir es mal so.
Marilyn Repp: Okay, ja. Danke für die Einordnung.
Lea Ferstl: Genau, was vielleicht hier noch interessant ist, weil vorher hatten wir die Frage: Für wen gilt das? CSRD, die Green Claims Directive, gilt tatsächlich für alle Unternehmen, die in der EU tätig sind. Ausgenommen sind da nur Unternehmen mit unter zehn Beschäftigten und mit weniger als zwei Millionen Euro Umsatz. Also es betrifft wirklich fast alle Unternehmen und es ist natürlich auch immer die Frage, inwieweit das dann umgesetzt wird. Aber es ist zumindest so kommuniziert, dass bei Nichteinhaltung dieser Richtlinie Geldstrafen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens fällig werden können.
Laurent Hernández: Das sind dann schon Grössenordnungen, die tun weh.
Lea Ferstl: Genau, damit vielleicht rüber zu den Beispielen, darauf warten wir alle.
Laurent Hernández: Sehr gut.
Marilyn Repp: Genau, wir kommen nochmal zu den Beispielen, Laurent.
Laurent Hernández:: Ja, ich glaube, um nochmal auf den eingangs genannten Punkt zum Thema Digitalisierung und was kann man mit Digitalisierung insbesondere im Nachhaltigkeitskontext auch erreichen, habe aus meiner eigenen Erfahrung glaube ich zwei ganz gute Beispiele, die auch im Handelskontext ganz gut passen. Das eine ist ein Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, was sich sehr, sehr stark damit befasst hat, wie man denn frische Ware im Unternehmen, also in der Auslage und im Supermarkt tatsächlich auch dahingehend optimieren kann, dass man auf der einen Seite Ware dann anbietet, wenn sie sozusagen tatsächlich auch vom Kunden gekauft wird und dass man am Ende des Tages aber halt auch auf der einen Seite ein attraktiveres Warenangebot hat. Weil Frische ist erstmal im Markt sehr viel über die Optik definiert. Das ist nun mal so. Präsentation: Wie sieht die Ware aus? Wie verhält sich die Ware auch dann haptisch? Und jeder weiß, frische Ware, die lange in der Auslage liegt, leidet und verliert an Attraktivität. Gleichzeitig erhöht sich dadurch aber halt eben auch der Ausschuss. Und das ist ein Thema, dass das Unternehmen sehr, sehr intensiv angegangen hat. Und mit unserer Unterstützung haben wir da eine Analyse aufgesetzt, dass wir mal angefangen haben, aber-Millionen-Kassen-Bons zu validieren, um mal wirklich zu verstehen: Wann wird denn tatsächlich eigentlich welches Obst, welches Gemüse, zu welcher Tageszeit und in welchem Volumen tatsächlich gekauft? Und aus solchen Informationen kann man wahnsinnig spannende Analogien ziehen, in denen sozusagen a) mal definiert wird, an welchen Wochentagen brauche ich dann eigentlich tatsächlich welche Ware in welcher Menge tatsächlich im Markt? Wann werden die Dinge tatsächlich aus dem Kühlhaus geholt, in die Auslage gelegt? Lohnt es sich für mich, dass ich vielleicht auch Ware morgens in die Auslage gebe, dann erst mal ein paar Stunden ins Kühlhaus wieder zurücklege und vielleicht abends, wenn dann die Kunden dann auch wieder bereit sind, das Produkt zu kaufen, wieder rauslege? Und das hat natürlich einen wahnsinnigen Effekt. Dann auf der einen Seite wirkt meine ganz frische Abteilung ganz anders. Gleichzeitig reduziere ich aber einfach auch massiv den Schwund oder den Wegwerfanteil an solcher Frischeware, was natürlich am Ende des Tages auch einen ganz starken monetären Einfluss hat. Ein zweites Thema, inhaltlich könnte man sagen, geht ungefähr in eine ähnliche Richtung. Hier geht es um die Sortimentoptimierung von einem Mode-Einzelhändlern, mit nicht ganz wenig Filialen hier im deutschen Raum verteilt. Die hatten ein System, wo sozusagen einzelne Marktleiter die Möglichkeit hatten, sich bestimmte Teile einer Warengruppe aus anderen Filialen zu bestellen, wo sie vielleicht übermäßig Kapazitäten hatten, wo der eigene Markt vielleicht schon weitestgehend leer gekauft war. Das wurde dann teilweise mit Kleinst-LKWs oder Sprintern quer durch die Republik gefahren, also mal drei, vier Paar Socken. Da wurde auch nicht hinterfragt, sondern da konnte man einfach quasi so einen Request eingeben. Das Ding wurde kommissioniert im Lager und keiner hat wirklich gefragt: Fährt jetzt hier tatsächlich so ein Sprinter für drei, vier Paar Socken irgendwie 200 Kilometer weit? Das ist natürlich a) nicht ökonomisch und b) auch nicht ökologisch vertretbar. Und auch hier kann man oder haben wir auch mit dann entsprechender Data Analytics auf der einen Seite eben der Kommissionierung schon mal für die Filialen an sich viel optimieren können, aber dann auch genau sozusagen diesen Interfilial-Transfer nochmal auf neue Beine gestellt, um eben sicherzustellen, dass sich hier verschiedenste Einflussfaktoren auch eben wiederfinden, dass man ein Empfehlungssystem hat für Filial- oder Marktleiter, um eben auch hier sicherzustellen, dass sozusagen nicht nur auf Bauchgefühl hin oder sozusagen auf Meinung eines Einzelnen hin, hier entsprechend solche Transfers stattfinden, sondern dass man auch wirklich verschiedenste Einflüsse damit reinnehmen kann. Das haben wir zum Beispiel auch kombiniert mit Wetterinformationen. Ja, weil einfach gerade im Mode-Einzelhandel hat das Wetter einfach einen ganz, ganz gravierenden Einfluss, welche Gruppen an Artikeln tatsächlich priorisiert gekauft werden und welche nicht. Und da kann man natürlich mit Wettervorhersage-Informationen tatsächlich auch ganz spannende Dinge tun oder dass man zum Beispiel soziale Events berücksichtigt hat. War für mich auch ein neues Learning. Aber wenn man sich mal anschaut, wo in der Republik tatsächlich Abiturfeiern stattfinden, zu welchen Zeitpunkten kann man ganz toll Warensteuerungen betreiben, weil das kleine Schwarze oder irgendwie der erste Anzug dann ganz gerne zu solchen Gelegenheiten gekauft wird. Und so kann man hier natürlich auf der einen Seite ökonomisch sehr, sehr viel mehr wirtschaften durch intelligente Data Analytics, aber natürlich dann auch einen entsprechenden ökonomisch niedrigeren, Entschuldigung, ökologisch niedrigeren Footprint am Ende des Tages produzieren.
Marilyn Repp: Also das ist ja spannend. Das sind ja für mich ganz klassische betriebswirtschaftliche Optimierungsprozesse auf der Grundlage von Daten. Und wenn man an Nachhaltigkeit denkt, dann denkt man immer an diese Nice-to-have-Themen. Aber das ist wirklich klassische Betriebswirtschaft, was du mir gerade berichtet hast. Also ein Win-win für Ökonomie und Ökologie des Unternehmens. Also lohnt es sich auf jeden Fall, da genauer hinzugucken. Was du gerade angesprochen hast, diese Predictive Tools, also Blick in die Zukunft auf der Grundlage von Daten, also internen, aber auch externe Daten, da gibt es ja echt inzwischen ganz viele fertige Tools, die auch für mittelständische und auch ganz kleine Unternehmen Sinn machen und verfügbar sind. Also Tools, die zum Beispiel eine Gewinn- oder Umsatzvorhersage machen auf der Basis der eigenen Daten, wie gesagt, aber auch externe Daten, Wetter, Events und so weiter. Also da bin ich auch schon auf einige coole Tools gestoßen, die echt gar nicht mehr teuer sind und auch relativ schnell implementierbar sind. Es ist wirklich ein Geschenk, was KI uns da so gebracht hat in den letzten Monaten und Jahren. Und da rate ich nur allen, irgendwie mal zu gucken, was so alles geht. Also mir fällt regelmäßig irgendwie der Mund auf, was alles möglich ist durch die verschiedenen Tools. Wie günstig die sind, wie schnell einsetzbar und welchen krassen Impact man damit haben kann. Also jetzt beschäftigt euch nicht nur mit TRUSTEQ, sondern eben auch mit den vielen anderen coolen KI-Anbietern, die da draußen unterwegs sind, es gibt auch ganz viel für kleine Unternehmen. Und da lohnt es sich wirklich, hinzugucken und zu schauen, ob es nicht schon eine coole, fertige Lösung auf dem Markt gibt, die man gar nicht programmieren muss. Ich glaube, viele denken immer noch: Oh Gott, KI, oh, da muss ich Systeme trainieren und so weiter. Vieles ist schon fertig und einfach anwendbar und implementierbar.
Laurent Hernández: Absolut. Und ich glaube, die Möglichkeiten aus der Digitalisierung, aus verschiedensten technologischen Bereichen, die werden weiter Einzug halten. KI, hast du jetzt genannt, das ist definitiv eines, was gravierende Veränderungen mit sich bringen wird. Es gibt aber auch durchaus noch andere ganz spannende Dinge, Blockchain ist ein Thema, was schon seit Jahren irgendwie rumgeistert.
Marilyn Repp: Eins meiner Lieblingsthemen der letzten Jahre.
Laurent Hernández: Jeder verbindet es erstmal irgendwie mit Kryptos…
Marilyn Repp: Ja ja.
Laurent Hernández: …aber Blockchain hat ganz, ganz spannende Anwendungsfälle, auch wenn es um Transparenz in der Lieferkette geht, etc. Es gibt große internationale Unternehmen, die sich da schon sehr, sehr intensiv mit befassen und auch ganz spannende Lösungen haben. IoT ist ein Thema, was super, super interessant wird, gerade wenn es um das Thema, also Internet of Things, um den Begriff auch nochmal kurz zu erläutern. Also: Wie vernetzt man Maschinen oder Sensoren in Produktionsprozessen miteinander? Also auch da gibt es heute schon wirklich ganz, ganz tolle Anwendungen und spannende Möglichkeiten um eben genau so Themen wie Transparenz in der Lieferkette, ressourceneffizient, Umweltüberwachung, etc., wirklich schon gut zu unterstützen. Und am Ende des Tages ist es, glaube ich, aber unerlässlich, dass man auch als Unternehmer und als Unternehmerin sich sehr, sehr klar ist, eine Tool-Lösung oder eine Technologie alleine wird es nicht tun, sondern am Ende des Tages ist es wichtig, dass das Unternehmen an sich quasi sich in die richtige Richtung entwickelt und sich für das Thema Nachhaltigkeit auch umfassend begeistert. Denn da, wo eine Mitarbeiterschaft sich wirklich hinter dem Thema versammelt, wo das richtige Mindset da ist, wo es auch wirklich als ernsthafte Chance gesehen wird, das Unternehmen attraktiver zu gestalten, die Sicherheit der Arbeitsplätze abzusichern und sicherlich auch in den Themenstellungen, mit denen man sich Tag ein, Tag aus beschäftigt, auch noch mehr Abwechslung und mehr Interesse reinzubringen, da gewinnen Unternehmen sicherlich am allermeisten und wenn sie dann auch noch in der Lage sind, die richtigen Technologien an den richtigen Stellen einzusetzen, glaube ich, ist man am Anfang einer ganz, ganz spannenden Veränderungsreise, die sicherlich von Erfolg gekrönt sein wird.
Marilyn Repp: Das ist jetzt schon ein sehr schönes Schlusswort gewesen, lieber Laurent. Wir sind auch schon fast am Ende angekommen, du hast es schon gespürt. Lea, du möchtest noch was hinzufügen, habe ich gesehen? Nein?
Lea Ferstl: Eigentlich nicht. Ich denke, ich nicht, ich denke, ihr habt alles ganz gut erwähnt, das war so ein gutes Schlusswort von Laurent.
Marion Repp: Also als hätte er es geahnt, dass ich jetzt hier die Schlussrunde einläute. Ich danke euch ganz herzlich für das tolle Gespräch, es ist ein bisschen Licht ins Dunkel gekommen, glaube ich. Und auch hier am Ende dieses Podcasts steht wieder der Aufruf: Keine Angst, sondern let’s go into the future, also legt los und seid offen für Neues. Und es gibt viele tolle Tools, Technologien, aber auch Menschen, die euch dabei begleiten und das ist auch ein schönes Schlusswort. Ich danke euch sehr herzlich. Schön, dass ihr dabei wart.
Lea Ferstl: Vielen Dank dir, Marilyn.
Laurent Hernández: Vielen Dank für die Möglichkeit. Danke dir.
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