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Frank Rehme

Einzelhandelskaufmann 2022: Neue Männer braucht das Land. Und Frauen auch!

8. November 2022 / Von Frank Rehme / Lesedauer: 2 Minuten 59 Sekunden

Die Veränderung im stationären Handel sorgt für eine Entwicklung, an die bisher nur wenige denken: Shopping wird immer mehr zur Freizeitbeschäftigung. Der Weg vom Versorger zum Animateur braucht aber vollkommen andere Mitarbeiterprofile als bisher, die so nicht existieren. Eine Betrachtung.

Retailtainment und Neuromarketing ist angesagt

Retail 2016, eine Standortbestimmung: Der Kunde hat aufgerüstet, er ist in den letzten Jahrzehnten von den Veränderungen in Handel und Gesellschaft zu einem absoluten Professional ausgebildet worden. Schauen wir uns die Entwicklung an:

1948 Der Kunde hat im ersten SB-Supermarkt gelernt, wie man Waren selbst auswählt.

1956 Ikea bringt dem Shopper bei, die selbst ausgesuchten Artikel auch selbst aufzubauen.

1960 Der Baumarktboom beginnt und bringt den Shopper dazu, bisher nicht ausgeübte Tätigkeiten zu lernen.

1971 Der Kunde lernt mit Gefahrstoffen umzugehen: Die ersten SB-Tankstellen übertragen ihm die Aufgabe des ausgebildeten Tankwarts.

1990 Das Internet-Zeitalter beginnt. Der Kunde bekommt eine absolute Transparenz über Preise, Verfügbarkeiten und Qualitäten.

Neue Erwartungen brauchen neue Erfüller

Dieser Kunde ist hochgerüstet mit Informationen, Können und einer Vorstellung wie Handel im Jahre 2016 zu sein hat. Zudem bringt er Konditionierungen aus anderen Branchen mit, die im Kontakt mit dem Handel neue Erwartungshaltungen generieren. 3 Beispiele dazu:

  • Er will an der Infotheke bedient werden wie er es von einem Hotelconcierge gewohnt ist.
  • Die Latte für Ladenbau liegt immer höher: Mittlerweile werden Lebensmittel in einem Ambiente präsentiert, das vor 10 Jahren nur im Luxussegment anzutreffen war.
  • Internationale Reisetätigkeiten generieren eine Erwartungshaltung im Bereich Beratung und Freundlichkeit, wie man sie im Ausland erlebt hat.

Diese professionellen Kunden stehen nun vor unserem Personal, dass (wenn überhaupt) eine Ausbildung genossen hat, die diese Art von Kunden nicht berücksichtigt hat. Das Personal muss vollkommen neue Kenntnisse im Bereich der Aktivierung von Kunden lernen. Zwar sieht der Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel/zur Kauffrau im Einzelhandel bereits im 1. und 2. Ausbildungsjahr eine Themen in diesem Bereich vor, allerdings müssen diese deutlich vertieft werden.

Die meisten Kunden sind im Bereich Warenkunde durch das Internet heute mit vielen Informationen versorgt, zudem geschieht der Generationswechsel der Sortimente gerade im Non Food Bereich in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Viele Umfragen (siehe auch unsere beiden Studien Nr.1 und Nr.2) zeigen, dass der stationäre Handel zukünftig vermehrt den Wunsch nach sozialer Interaktion befriedigen muss. Menschen lieben Menschen, das wird auch immer so bleiben. Zukünftig werden die Mitarbeiter am PoS ein entscheidender Erfolgsfaktor werden, denn hohe Investitionen in Ladenbau, Digitalisierung oder Architektur sind nutzlos, wenn diese nicht durch erstklassig ausgebildetes Personal flankiert werden.

Individuelle Fortbildung statt „one fits all“

Was ist zu tun? Generell muss sich jeder Zweig des Handels über individuelle Mitarbeiterschulungen Gedanken machen. Es gilt viele neue Aufgaben, die von dem aktuellen Rahmenausbildungsplan nicht abgedeckt werden, zu vermitteln. Wir haben einige unserer Empfehlung aufgelistet:

  • Aktuelle Erkenntnisse aus dem Bereich der Hirnforschung müssen übersetzt werden. Was passiert in der Sekunde der Kaufentscheidung im Gehirn des Menschen, wie kann man diese Zusammenhänge praxisgerecht vermitteln?
  • Was sind Handlungsmotive und wie aktiviert man diese in einem Verkaufsgespräch? Welche aktuellen Erkenntnisse wie z.B. die Limbic Map stehen zur Verfügung und wie wertet man diese aus?
  • Dialektik- und Kommunikationstraining ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, der deutlich zum Kauferlebnis beiträgt. Dazu gehört auch die Entwicklung von Empathie und Intuition, um sich besser in den Kunden hineinversetzen zu können.
  • Im Backofficebereich müssen neue Berufsfelder entstehen, speziell für den Bereich Business Intelligence und Big Data. Verwertbare Antworten bekommt derjenige, der die passenden Fragen stellt und nicht wer die meisten Daten hat. Kenntnisse aus dem Bereich Datenmodellierung, Mathematik/Statistik und Retail sind in neuen Berufsbildern zusammenzuführen.

Im Hochpreissegment ist diese Entwicklung bereits zu beobachten und wird sich Zug um Zug auch in andere Formate ausbreiten. Wie bereits gesagt: Die konditionierte Erwartungshaltung der Kunden wird diese Entwicklung beschleunigen. Das heißt an anderer Stelle aber auch, dass neue Vergütungsmodelle entstehen müssen, die mehr auf Konversion als auf Festgehalt basieren, ein spannendes Thema daher auch für Gewerkschafter.

Bildung in Mitarbeiter wird zukünftig ein entscheidender Erfolgsfaktor, den sich niemand mehr entziehen kann. Für alle, die das nicht glauben, ein kleiner Joke am Ende:

Sagt der CFO zum COO: „Warum diese hohen Ausbildungskosten? Hast du schon mal überlegt was passiert, wenn Mitarbeiter geschult werden und dann das Unternehmen verlassen?“ Antwort vom COO: „Hast du schon mal überlegt, was passiert, wenn wir nicht schulen und die Mitarbeiter bleiben?“

Foto: Bady QB auf Stocksnap.io

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Kategorie: Point of Sale
Schlagworte: Mitarbeitende
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